http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/glareanus1547a/0003
V o .r wort
Glarean, eigentlich Heinrich Loriti, war im Juni 1488 in dem Dorfe Mollis in
dem Kanton Glarus in der Schweiz geboren, woselbst seine Eltern ein Gut besafsen. Den
Namen Glarean legte er sich nach damaliger Sitte von- dem sehr nahen Hauptorte Glarus
bei. Auf dem Titelblatte eines Werkes, enthaltend verbesserte Zeitrechnung und Anmerkungen
zu Livius, welches 1540 erschien, legte er sich zuerst das Prädikat Patrizier aus Glarus bei,*
welches er später beibehielt; seine früheren "Werke tragen das Prädikat „poeta laureatus".
Seine Eltern waren wohlhabende Leute; nach P. Schubiger's Bericht in dessen Werkchen: „Die
Pflege des Gesanges in der Schweiz", wird das Geschlecht der Loriti in dem noch jetzt erhaltenen
Anniversarienbuche vom 15. Jahrhundert vielfach als Stifter von Jahrzeiten erwähnt.
Bis zu seinem 12. Jahre wurde Glarean gleich seinen übrigen Geschwistern zur Haushaltung
verwendet und spricht er selbst davon, dass er -als Knabe von noch nicht 12 Jahren auf den
Alpen die Herde hütete und dabei sich in der Dichtkunst versuchte. Die erste Schule, welche
der learnbfegMfig^i^aa^be- aufserhalb seiner Heimat bezog, war die des Michael Rubellus
zu Bern, dem er auch später nach dessen Vaterstadt Rd^ejl folgte und daselbst noch zwei
Jahre verblieb. Unter diesem trefflichen Lehrer, den Glarean sehr hoch schätzte, legte er
den. Grund zu seinem guten lateinischen Stil und zu seiner Kenntnis in der Musik. Auch
Johannes Cochlaeus hatte er als Lehrer in der Musik, wahrscheinlich während seines
Aufenthaltes äri der Universität zu Köln, welche er im Juni 1506 bezog. Er trat in die artistische
Fakultät ein, wurde im folgenden Jahre Baccalaureus und 1510 unter dem Vice-
kanzler der Universität Adam von Boppard1) Magister der Theologie. Im März desselben
Jahres wurde er Lizentiat.2) In Köln trat er auch in Beziehung zu sehr berühmten Männern,
wie Andreas Bardwick, Rudger von Venlo, Mathias von Aachen, Johannes Caesarius von
Jülich u. a. Bei einem von Kaiser Maximilian im Jahre 1512 zu Köln abgehaltenen Reichstage
verfasste Glarean ein Lobgedicht auf den Kaiser, welches er auf Aufforderung in öffent- ,
licher Versammlung der Reichsfürsten nach der dorischen Weise absang und hierfür vom
Kaiser mit einem Lorbeerkranze geschmückt und mit einem Brillantringe beschenkt wurde.
Von nun an wandte er sich hauptsächlich der Pflege der schönen Wissenschaften zu. Im Jahre
1514 begab sich Glarean an die Universität zu Basel, an welcher er zwar nie eine wirkliche
Stelle bekleidete. Er errichtete ein Pensionat für junge Leute, deren Zahl bis auf 30 stieg, die
unter seiner Aufsicht beisammen wohnten und denen er Unterricht in der lateinischen und
J) An denselben Adam von Boppard richtete Wollick die Epistola seines Qpus. aureum etc. Cöln bei Heinrich
Quentel 1501. cf. Monatshefte für Musikgeschichte, Jahrg. IX-, No. 3. Das daselbst angeführte Gymnasium Comeliarmm
ist die Comeliabursa. Es bestanden nämlich damals in Köln für den vorbereitenden Unterricht zum Fachstudium vier Bursen:
Montana, Laurentia, Kukana und Cornelia.
2) In der Montanerburse erteilte er Unterricht in den mathematischen "Wissenschaften.
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