Universität Freiburg, Musikwissenschaftliches Seminar, Bibliothek, Frei 14: V/230/GLAR/1 (R)
Glareanus, Henricus Loriti; Bohn, Peter [Übers.]
Glareani Dodecachordon
Leipzig, 1888
Blatt: XI
(PDF, 100 MB)
Bibliographische Information
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Drucke des Humanismus und der Reformationszeit

  (z. B.: IVa, 130a, IVb, 130b; Achtung: bei Originalseitenzählung "IIII" muss hier "IV" eingegeben werden)



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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/glareanus1547a/0011
Einleitung. XI

wir in dem ersten Buche die Elemente dieser Kunst einfach angegeben, haben wir die Modi
selbst, derentwegen wir diese beschwerliche Arbeit unternahmen, mit Beispielen in den zwei
folgenden Büchern hinzugefügt. Jedoch mehr mag man sich wundern, dass manche ex professo
über die Musik Schreibende so oft entweder nach Äpulejus die Einfachheit des Aeolius, die
Mannigfaltigkeit des Jastius, oder nach Lucianus das Gottbegeisterte des Phrygius, das Bacchische
des Lydius, das Majestätische des Dorius und das Zierliche des Jonicus rühmen, aber wenn sie .
gefragt werden, wie sie vom dorischen den aeolischen, vom lydischen den jonischen Gesang
unterscheiden, und wie sie dieses durch ein Beispiel zeigen, hierauf nicht mehr antworten,
als wenn ein harter Kieselstein oder ein marpesischer Fels da stände,1) sondern .einen an die
Sänger weisen. Diese scheinen mir jenen sehr ähnlich zu sein, welche, nachdem sie irgend
ein heilsames Kraut angepriesen haben, aber gebeten, dasselbe zu beschreiben, entweder nichts
antworten oder zu den Apothekern schicken, welche noch unwissender sind als die Gefragten. """""l
Auch das gehört hierher, dass, wenn ich über eine nicht so sehr dunkle als vielmehr verlorene
Sache sogar die Fürsten der Wissenschaft in unserer Zeit fragte, sie meistenteils antworten, '
das (sei nicht ihre Sache. Genug hierüber; ich kehre zu unserm Thema zurück. Ich gestehe,
Ehrw. Vater, ich habe eine solche Sache begonnen; dass ich beim ersten Angriffe (denn nicht
weniger als 20 Jahre wälze ich diesen Stein) selbst innerlich mein Unternehmen belächelte,
jedoch wie das zu geschehen pflegt, ich wurde immer durch die Hoffnung, das Ziel zu erreichen
, angelockt, zumeist bewogen durch jenen Ausspruch des Komikers: „Nichts ist so
schwierig, das nicht durch Suchen aufgespürt werden könnte." Oft habe ich Christum angerufen
, damit er das zu seiner Ehre begonnene Werk zu glücklichem Ende führe; von ihm
allein habe ich Hülfe erbeten, von ihm allein auch meinen Lohn hoffend; denn von den
Menschen darf man insgemein Schimpf erwarten, und dieses wegen einer noch so geringen
Sache; denn den einen scheinen wir nicht glatt genug, als wenn wir hier Rhetorik lehrten,
den anderen bin ich unzweifelhaft zu weitschweifig, anderen im Gegenteil zu kurz. Aber
wer kann, allen gefallen ? Ich glaube, der wird schön genug sprechen, er mag eine Kunst
lehren, welche er will, welcher diese, wie sie ist, natürlich, klar und aufrichtig lehrt, ohne geschmückte
und geschminkte Rede, und der mehr ein Lehrer sein als ein Gelehrter scheinen
will. Jedoch möchte ich nicht den Schein haben wollen, als hätte ich den, welcher schlecht
und barbarisch redet und durch seine abscheuliche Sprache die Kunst selbst entstellt, empfehlen
wollen. Hierüber anderswo mehr. Folgendes schien uns eher für die Verteidigung erinnerns-
wert; eine nicht kleine Schwierigkeit nämlich bereitet uns der Umstand, dass die Kirchengesänge
jetzt bei den verschiedenen Nationen aufserordentlich von einander abweichen, zudem
in den verschiedenen Diözesen und Orden verändert, kurz von vielen übel entstellt sind.
Aber wenn ich mich nicht täusche, hat der Predigerorden einen bessern Gesang als die
übrigen Orden; ich meine nämlich die Messgesänge; diesen sind wir hauptsächlich in dem
zweiten Buche gefolgt, obgleich ich nicht einmal diesen überall beipflichte. An dem B«foc
des Schwarzwaldes ist ein Benediktinerkloster, genannt zum h. Georgius,2) in der Nähe der ^ c
^ ^Jüeyg-e»; einer Quelle der Donau, (Herodot scheint sie Pyrenen genannt zu haben) zwischen
)^Aa.K * Freiburg im Breisgau und RotweiLund Villingen, zwei prächtigen Städten des Schwarz- -s JJ
waldes, jedoch ist es näher zu Rotweil und Villingen als zu Freiburg. Diesem Kloster stand
der ehrw. Pater Herr Dr. Joannes Kern zu meiner Zeit als Abt vor. Dieser hatte einen Codex,
welcher verschiedene Abhandlungen über alle Wissenschaften enthielt, eine sogenannte

a) Virgil Aeneid. VI. 471.
2) Set. Blasien.


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