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XII Einleitung.
Encyklopädie. Dieser Codexenthielt fünf Bücher über Musik des Severinus (Boethius), aufser-
dem einiges von Guido, Berno, Wüh&lmus, Otto, Theogerus Bischof und Joannes nachherigem Papste
Joannes XXII. Ich kann nicht leugnen, dass ich durch diese Bücher und besonders durch
die hier so gut als möglich gesäuberten Bücher des Boethius, welche mir früher unvollständig
zur Hand waren, kühner gemacht wurde, obgleich ich in keinem die ganze Nomenklatur der
Modi fand. Deshalb war es nötig, aufserdem die Griechen zu Rate zu ziehen, und mit Recht;
denn was es4 an "Wissenschaften irgend nur giebt, haben wir diesen gutzuschreiben. Diese
Disziplin ist im Vergleich zu den übrigen ganz griechisch, alle Themata,, alle Benennungen
dieser Kunst sind griechisch; nur haben die Lateiner einen viel kürzern Weg beschritten,
indem sie mit kürzern Worten und Namen diese Kunst leichter machten, was wir in diesem
Werke selbst zu zeigen haben.
Dieses nun unterbreite ich Dir, Ehrwürdigster Vater, und zugleich dem Ehrwürdigsten
Senate der Kardinäle als den Rechtsverwaltern der ganzen Kirche zur Prüfung. Zu Christi
Lob habe ich gänzlich diese Arbeit unternommen; daher mögen die urteilen, welchen die
Herde Christi anvertraut ist. Was mich angeht, so hoffe ich, diese Materie so behandelt zu
haben, dass alle billigdenkenden Richter einsehen, dass ich für die Frömmigkeit der Christen
und die Würde der Kirche besorgt war. Sollte jedoch diese Absicht nicht den gewünschten
Erfolg haben, sq war wenigstens der Wille, die h. Religion zu mehren, lobenswert.
Genug- der Worte, die Sache selbst wird sprechen: Lebe wohl!
Freiburg im Breisgau, 1547.
*) Dieser Codex ging 1768 bei einem Brande des Klosters verloren, cf. Gerbert: De cantu et musica sacra etc. Praefatio.
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