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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/gotthelf1870/0016
8 DIE SCHRIFT UND DIE TODESSTRAFE.

und um den genauen Sinn jeder einzelnen Stelle zu ergründen,
sehen wir dieselbe stets auf zwei Dinge an, auf die Zeit, in
welcher sie muthmasslich in Schrift verfasst worden ist, und
auf den Zusammenhang, in welchem wir sie gegenwärtig finden
. Wir werden daher jenen biblischen Beweis für die Todesstrafe
gar nicht direkt widerlegen, sondern unsern eignen geschichtlichen
Weg einschlagen, immerhin das Auge stets seitwärts
gerichtet, um uns gegen jeden Flankenangriff des Gegners
zu decken.

Ein Hauptbestandteil des alten Testaments ist das Gesetz.
Nun könnten wir das Vorhandensein häufigen obrigkeitlichen
Blutvergiessen's unbedingt zugeben, dann aber die Einrede
erheben, das Vorkommen der Todesstrafe im allen Testament
vermöge die moderne Todesstrafe nicht zu begründen, denn
erstens haben für Christen die Vorschriften des alten Testamentes
keine bindende Kraft mehr und zweitens decken sich
alttestamentliche und moderne Todesstrafe gar nicht; das alte
Testament verhänge sie, wo wir sie entweder nie gehabt oder
längst aufgehoben haben (Zauberei und Götzendienst; Bestialität
und Päderastie; Ehebruch und allerlei Blutschande), dagegen
vollziehn wir sie auch da, wo das alte Testament uns weder
Vorschriften noch Präcedenzfälle hinterlassen habe (Hochverrath
und Attentat auf den Souverän ohne tödllicben Ausgang;
vielerorten noch Brandstiftung und wiederholter Diebstahl).
Wolle man daher das alte Testament als Autorität anrufen,
so möge man damit beginnen, es selber genau zu befolgen
sowohl wo es milder, als auch da, wo es strenger ist, als unsere
Gesetzgebung. So begründet, so unwiderleglich diese Einrede
aber auch ist, wir lassen sie einfach bei Seite und stellen
uns ganz unter das alte Bundesrecht Israels, fragen dann aber
nach dem Sinn, nach der Absicht dieses Gesetzes. Wir wünschen
zu wissen, ob das Becht des [alten Bundes dem Ver-
giessen von Blut durch die Obrigkeit eher günstig gewesen
sei oder aber ungünstig, ob es dasselbe ausgedehnt oder beschränkt
habe. Fast allgemein wird das Erslere angenommen,
wir behaupten und beweisen das Zweite.

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