Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., DA 12/3636
Harnack, Adolf von
Zur Quellenkritik der Geschichte des Gnosticismus: Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doctorwürde in der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig
Leipzig, [1873]
Seite: 12
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Varia

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allein andererseits steht es fest, class er sich doch für eine
Art von überirdischem Wesen, einen himmlischen Messias gehalten
und als solchen seinen Schülern empfohlen hat (Iren,
adv. haer. I. 23, 5; Euseb. h. e. III. 26, etc.). und in diesem
Sinn von Justin wohl zu denen gerechnet werden konnte, die
er kurzweg mit dem Namen Xeyovreq savrovq &iovg bezeichnete,
indem ja, wie eben die Parallelstelle a. a. 0. c. 56 zeigt,
Justin diesen Ausdruck nicht in seiner vollen Schärfe fasste.
Schwieriger scheint die Sache bei Marcion zu stehen; denn
von ihm wissen wir genau, dass er in keiner Weise seine Person
mit in die ■ theologischen und kosmologischcn Speculationen
hineingezogen hat. Dennoch darf hier die Untersuchung sich
nicht einfach mit dem non liquet begnügen. Zunächst ist hier
darauf hinzuweisen, wie Marcion gerade bei den ältesten
Vätern durchaus nicht schlechthin mit den „Gnostikern" identi-
ficirt wird: vielmehr unterscheiden ihn sowohl Irenäus als
Tertullian aufs bestimmteste von ihnen; nur in der Folgezeit
hat sich bei den Späteren diese richtige Unterscheidung verwischt
und es ist dem Marcion ebenso ergangen, wie es Vielen
anderen erging, denen die ältesten Ketzerbestreiter einen Platz
in ihren Häretikercatalogen angewiesen haben. Weil nämlich
die überwiegende Zahl der bestrittenen Häresieen der „Gnosis"
zuzuzählen war, so verwischte sich in der Folgezeit der Begriff
Gnosis und Häresie überhaupt, so dass Viele deshalb einfach
unter jenen Gattungsbegriff subsumirt wurden, weil sie
von den ältesten Ketzerbestreitern mit jenen eigentlichen Gnostikern
zusammen aufgezählt und widerlegt worden waren.
So erklärt es sich — ganz abgesehen von dein Umstände,
dass allerdings häufig genug die Schüler von Männern, die
nicht unter den Gnostikern aufgezählt werden dürften, in die
Bahnen der „Gnosis" einlenkten —, wie die Sonderstellung
die ein Simon oder Marcion im Bewusstsein ihrer Zeitgenossen
und der nächsten Folgezeit einnahmen, allmählich schwand und
sie den Gnostikern je mehr und mehr gleichgesetzt wurden.T)

*) Es dürfte nicht überflüssig sein, auf den ältesten Sprachgebrauch
des Wortes „gnostici, yvwoTt.xot" überhaupt einzugehen und wir können


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