Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., DA 12/3636
Harnack, Adolf von
Zur Quellenkritik der Geschichte des Gnosticismus: Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doctorwürde in der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig
Leipzig, [1873]
Seite: 24
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MarcioD nach Rom gekommen. Eine Beobachtung ist es nämlich
hier, die es vor allem unwahrscheinlich macht, class Marcion
bereits in Eom anwesend gewesen, als Justin seine Apologie
verfasste. Vergessen wir doch nicht, dass Justin in Eom an
den römischen Kaiser, an den römischen Senat, an das römische
Volk schrieb: hätte schon Marcion damals in Rom selbst seine
epochemachende Wirksamkeit eröffnet, es bliebe unbegreiflich, wie
Justin diese übergehen konnte. Wir wissen aus den späteren
Berichten, dass gerade die Uebersiedelung Marcion's nach Rom
in seiner Thätigkeit einen so bedeutsamen Abschnitt bildete,
dass sich in der Folgezeit sogar das Gedächtniss an eine bereits
vorhergegangene Periode seiner Wirksamkeit ausserhalb
Rom's verwischte; es bleibt mithin unbegreiflich, wie Justin
sich gegenüber dieser durchgreifenden Wirksamkeit Marcion's
in Rom selbst in seiner Schrift an Römer so allgemein und
kühl ausdrücken konnte, wie er es thut, es bleibt unbegreiflich,
wie er ihn Römern gegenüber mit einem blossen MuQXtcovce
riva einführen konnte. Der Ausweg, dass er an Heiden
schreibt, die eben von den innerhall) des Christenthums sich
ereignenden Vorgängen nichts wussten, kann nichts verschlagen,
da die Rücksichtnahme darauf weder psychologisch verständlich
, noch auch — gerade in diesem Fall — richtig und wohl
angebracht gewesen wäre. Auch der Ausdruck „xura %uv
ytvoq äv&Q(<'mcov wird hier zum Verräther: gerade der Umstand,
dass er wohl den Wirkungsumfang Marcion's berührt und trotzdem
sich nicht gemässigt sieht, das Auftreten desselben in
Rom selbst zu referiren, spricht mit Entschiedenheit dagegen,
dass er Marcion bereits in Rom wusste. Diese Beobachtung
erhält aber noch mehr Gewicht, wenn man bedenkt, dass Justin
bei dem unmittelbar vorher besprochenen Simon an beiden
Stellen ausdrücklich angiebt, dieser habe in Rom selbst gelehrt.
Wenn er also bei dem bereits vor hundert Jahren aufgetretenen
Simon eine Erinnerung an die römische Wirksamkeit desselben
nicht für Uberflüssig hält, wieviel eher wäre dies bei Marcion
zu erwarten, falls er eben erst seine verderbliche Lehre auch in
Rom auszubreiten unternommen hätte. Und weiter: auch die


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