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igkeit, in die er von Cerdo gesetzt wird, nothwendigerweise in
den Augen des Irenaus sich ändern musste. Erinnern wir uns
nun noch einmal der beiden Listen, wie wir sie oben zusammengestellt
und nehmen wir an, Irenaus habe die justinische
in Händen gehabt, Irenaus wollte nun seiner Meinung nach
dieselbe besser gruppiren und sachlich ordnen. Er setzt darum
den Basilides und Saturnin direct nach Menander, weil entweder
in der Quelle selbst diese beiden als Schüler des Menander
direct bezeichnet waren (I, 24, 1), oder er dies von anders weher
erfahren hatte*). Und zwar stellt er den Saturnin dem
Basilides voran, da Satornils Lehre, wie er selbst ausdrücklich
sagt, der des Menander näher verwandt zu sein scheint**).
Weiter schien es ihm dann wohl aus zwei Gründen passender,
mit Uebergehung des Marcion den Karpokras folgen zu lassen:
erstlich zeigte sich die Lehre des Karpokras der des Basilides
verwandter, zugleich aber als ein passender Uebergang
zu Cerinth und den Ebioniten, die er ja anzufügen gedachte;
sodann aber kann hier auch ein falscher chronologischer
Gesichtspunkt mitthätig gewesen sein. Mag nämlich schon bei
Justin Cerdo gestanden haben, oder er noch, wie wir sicher
vermuthen zu dürfen glaubten, gefehlt haben, jedenfalls kann
die grosse Abhängigkeit, in welche Marcion je mehr und mehr
Cerdo gegenüber gestellt wird, unmöglich aus Justin's Syntagma
stammen (siehe unser I. cap.). Diese Auffassung muss sich
vielmehr in der Folgezeit, je weiter man der Epoche Marcions
entrückt war, allmählich Balm gebrochen haben und konnte
um so mehr Boden finden, je weniger man eigentlich von Cerdo
wusste, insofern man dann um so leichter geneigt war, ihm schon
*) Siehe hierfür auch die wichtige Stelle IJI 4, 3, wo nach Besprechung
des Valentin und Marcion, die übrigen Gnostiker, unter denen hier
in erster Reihe Basilides und Satornil zu verstehen sind, nur indirect auf
Simon, direct aut Menander zurückgeführt werden.
**) Cap. 24 werden sie zuerst beide zusammen als Schüler des Menander
genannt: darauf beginnt die Darstellung der Lehre des Satornil mit
den Worten: „Safurninus quidam similiter ut Menander etc.", während zu
Basilides der Uebergang mit den Worten; „Basilides autem, ut altius aliquid
et verisimilius invenisse videatur. etc." gemacht wird.
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