Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., DA 12/3636
Harnack, Adolf von
Zur Quellenkritik der Geschichte des Gnosticismus: Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doctorwürde in der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig
Leipzig, [1873]
Seite: 54
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das ganze marcionitische System als dem Urheber desselben
zuzuschreiben. Ihr huldigte, wie wir zu Gapitel 27 sahen,
bereits Irenaus, und aus ihr erklärt es sich, wie die Stel-
hing des Marcion dadurch in den Augen der späteren Berichterstatter
zeitlich und sachlich herabgerückt werden musste;
denn leicht ergab es sich, dass der Schüler nicht älter, nicht
ursprünglicher sein konnte, als der Meister; wurde aber der
Meister nicht anders aufgefasst, als ein änÖGnccofia der syrischen
Gnosis, so stand der Schüler an Ursprünglichkeit noch eine
Stufe niedriger, war der Meister erst unter Hyginus nach Rom
gekommen, nun wie sollte der Schüler da früher schon seine
Wirksamkeit begonnen haben? Aus diesem Gesichtspunkt erklärt
es sich vortrefflich, wie Irenaus, obgleich ihm die justinische
Reihenfolge vorlag, ein Besseres zu thim glauben konnte,
wenn er die in Marcion und Cerdo repräsentirte Richtung der
karpokratianischen nachsetzte. Diese beiden Manipulationen
aber, die Voranstellung des Basilides und Satornil und die
Herabrückimg des Marcion, für die wir wenigstens probable
Gründe angeführt zu haben glauben, sind ausreichend, um die
Veränderungen der Ketzerliste des Justin in den Händen des
Irenäus zu erklären; denn stellt man in dem justinischen Catalog
(Simon, Menander, Marcion, Karpokras, Valentin, Basilides,
Satornil) den Satornil und Basilides neben Menander und lässt
Marcion die letzte Stelle einnehmen, so gewinnt man den Grundstock
der irenäischen Reihenfolge, den Irenäus nun noch mit
einigen neuen Namen ausstattete. — Ein Doppeltes könnte hier
nur auffallend erscheinen. Erstlich nämlich der Umstand, dass
die Kleobiener, Dositheaner etc. fehlen; allein ihr Fehlen bei
Irenäus erklärt sich (siehe zu cap. II § 1) eben ausreichend
durch die geringe Bedeutung dieser Secten, die ihre vermeintliche
Existenz ihrem Namen, wohl kaum aber ihren Namen ihrer
Existenz verdanken; zweitens aber könnte es Bedenken erregen,
dass auf dem von uns vorgeschlagenen Wege gerade diejenige
Angabe dem Syntagma des Justin nicht zugewiesen wird, die
nach Lipsius ein Hauptargument für die Benutzung jenes Werkes
seitens des Irenäus sein soll: wir meinen die Stelle 1 27, 1, wo

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