Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., DA 12/3636
Harnack, Adolf von
Zur Quellenkritik der Geschichte des Gnosticismus: Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doctorwürde in der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig
Leipzig, [1873]
Seite: 75
(PDF, 19 MB)
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Varia

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Verschiedenheiten im Einzelnen fallen um so mehr ins Gewicht,
je grösser die sachliche Uebereinstimmung ist. Und die Annahme
ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass auch hier Jus-
tin's Werk Quelle für beide gewesen ist.

Uebersehen wir nun unsere Quellenkritik des Tertullian so
ergeben sich folgende Resultate:

1) Tertullian kennt eine Reihe von Häretikern, von denen
Irenaeus, also auch jedenfalls Justin, nichts weiss.

2) Von denjenigen Häretikern, die unseres Erachtens Irenaeus
der justinischen Ketzerliste hinzugefügt hat, weiss er
entweder nichts (Cerinth, Marcellina, Ophiten) oder seine Quellen
für sie sind jedenfalls nicht bei Irenaeus zu suchen (Ebion,
Nicolaiten, Cerdo).

Vor allem bestätigt die Vergleichung, in welcher Weise
Irenaeus und in welcher Tertullian die Person des Cerdo einführt
und zur Geltung kommen lässt, unsere Auseinandersetzungen
. Irenaeus macht ihn zum eigentlichen Urheber der
marcionitischen Häresie, Tertullian weiss nicht viel mehr über
ihn als den Namen und dass Marcion von Cerdo gelernt habe.
Wenn nun, wie es doch höchst wahrscheinlich ist, Tertullian
und Irenaeus die Bestreitung der marcionitischen Häresie bei
Justin gekannt haben, so liegt, wenn man die Verschiedenheit
ihrer Referate über Cerdo berücksichtigt, nichts näher, als die
Annahme, dass Cerdo überhaupt noch bei Justin gefehlt hat.
Das aber war es, was für das Wahrscheinlichere zu halten wir
bereits im I. Theil unserer Untersuchung uns gezwungen sahen.

In ähnlicher Weise dienen uns auch die Nicolaiten zum
Zeugniss, dass Tertullian bei seinen Angaben nicht den aus
Justin geschöpften Bericht des Irenaeus im Auge gehabt hat.

3) Somit hat er nachweisbar mit Irenaeus übereinstimmend
gerade nur diejenigen Ketzereien gemeinsam, die wir in dem
justinischen Syntagma glaubten nachweisen zu können und
hier hat er für seine Darstellung des Simon, Menander, Marcion
und wohl auch des Karpokras sich an Justin gehalten,
während er sich in der Darstellung des Valentin und seiner
Schule und vielleicht des Satornil an Irenaeus anschliesst.


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