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S chluss.
Hiermit sind wir an die für unsere Untersuchung gesteckten
Grenzen angelangt. Wir glauben den Umfang und die Anordnung
des justinischen Syntagma mit einer an Gewissheit
grenzenden Wahrscheinlichkeit festgestellt, auch den Inhalt
theilweise aus einer Untersuchung der Bruchstücke in der
ersten Apologie und einer Vergleichung des Irenaeus und Ter-
tullian restituirt zu haben. Vor allem aber haben wir geglaubt
, nachdrücklich auf die Auffassung der Häresie bei Justin
und Irenaeus und auf die Gliederung derselben, wie sie die
Auffassung des Letzteren beherrscht, hinweisen zu müssen. Ob
nun eine zweite Untersuchung, die bei Epiphanius einsetzt, unsere
aufgestellten Resultate erschüttern wird, ist eine Frage,
die in einer zweiten Abhandlung erörtert werden soll. Jedenfalls
lässt sich über.Tertullian hinaus das Vorhandensein des justi-
nischen Syntagma nicht mehr verfolgen, noch auch aus äusseren
Gründen erhärten: nur die Ordnung der Ketzereien bei Pseudo-
orig. V, 1—6, Basilides, Satornil; — Menander, Marcion, Kar-
pokras und die dunkele Kunde, Satornil sei erst nach Basilides
aufgetreten, klingt noch wie eine Reminiscenz bedeutungsvoll
aus dem dritten Jahrhundert herüber, so wenig sonst eine
directe Benutzung des justinischen Werkes seitens des Verlassers
der Philosophumena scheint nachgewiesen werden zu können
. — Aber ein Punkt ist in dem Bisherigen noch unerörtert
geblieben. Unsere oben gemachte Beobachtung, dass die nach
Marcion von Justin aufgezählten Systeme von ihm weniger
eingehend behandelt worden sind, verlangt eine Erklärung.
Wie ist es möglich, müssen wir uns fragen, dass Justin diese
bedeutsamen Systeme so in den Hintergrund rücken konnte?
Wie ist es möglich, dass alle die Stellen, wo er auf die Gnosis
zu sprechen kommt, wohl den Eindruck verrathen. den auf ihn
Marcion und die antinomistische Gnosis gemacht hat, niemals
aber nur eine Spur von einem Eindrucke zeigen, der durch das
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