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Einleitung.
Im Vordergründe des I. Cursus der Präparirübungen an der Leiche stehen
die Muskeln, die activen Organe der willkürlichen Bewegungen, bestehend aus
Fleisch, welche durch ihre Masse dem ganzen Bau und Gefüge des Körpers
seine äusserlich plastisch hervortretende Gestalt und Gliederung geben, deren Bloss-
legung also in erster Linie zum anschaulichen Verständnisse derselben führt.
Die Anordnung der Muskeln aber baut sich auf der festen Grundlage des Skeletes
auf, an dem sie angeheftet sind, und auf ihrer Verbindung mit den Knochen
und dem Mechanismus der Gelenke des Skeletes beruht auch die Wirkung der
Muskeln. Bei diesem Zusammenhange, der zwischen der anatomischen Anordnung
und der Wirkung der Muskeln besteht, ist nichts natürlicher, als dass
man beides zugleich beim Studium an der Leiche ins Auge fasst, weil eines
dem anderen hilft, die Disposition der Verbindungen von Muskel und Skelet
als der Grund ihrer Wirkung und die Function als aus der Anordnung derselben
resultirend. Zum Zwecke dieser Betrachtung ist es am Platze, dem Studium
des Skeletes und der Muskeln an der Leiche eine kurze allgemeine Betrachtung
voranzuschicken, 1) über die allgemeinen Eigenschaften und Wirkungsart der
Muskeln, 2) über den Mechanismus der Gliederung des Skeletes durch die
Gelenke, und o) über die Verbindung der Muskeln mit dem Skelete und ihre
Wirkung auf den Mechanismus der Gelenke.
L Eigenschaften und Wirkung der Muskeln an sich.
Die Eigenschaften des Muskels, von denen seine Gestaltung und Wirkung
im Leben abhängt, verändern sich nach dem Tode so schnell und wesentlich,
dass wir uns, um aus dem todten Präparate die volle Anschauung des Bildes,
das sie im Leben bieten, zu erhalten, klar machen müssen, was diese Veränderung
für Folgen gehabt hat, um dann in der Phantasie von ihnen zu ab-
strahiren und so das richtige Bild des Lebens wieder herzustellen. Damit ist
zugleich auch der Gedanke an die Veränderungen gegeben, die sie beim Spiel
der Bewegungen im Leben stets erfahren, und aus denen sich zugleich ihre
Wirkung ergiebt; im Gedanken an diesen Zusammenhang lässt sich dann auch
das Bild dieser Veränderungen bei der Wirkung im Leben an der Leiche
Henke, Hanclatlas. I. -i
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