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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/henke1888-1_1/0015
Der ruhende Muskel. 3

Im Zustande der Todtenstarre wird mit den Muskeln zugleich fast die
ganze Leiche ein ziemlich fester, steifer Körper, der sich wie ein Stück Holz
aufheben lässt, weil die erstarrten Muskeln jeder Veränderung ihrer Gestalt Widerstand
leisten und ohne eine solche auch die Gelenke nicht bewegt werden
können. Geschieht es durch grössere, gewaltsame Biegungen der Glieder dennoch,
so werden die Muskeln, welche dabei nun doch der Länge nach gedehnt werden,
in ihrem Fleische zerrissen und so findet man sie nachher in der Leiche, wenn
dieselbe zur Zeit der Starre hin und her bewegt und dabei irgend ein Glied
beträchtlich aus seiner Lage gebracht ist.

[m Zustande der Leichenerschlaffung dagegen lässt sich jeder Muskel mit
Leichtigkeit in die ausgedehnte Gestalt überführen, die er auch im Leben gehabt
hat, wenn seine Enden möglichst von einander entfernt waren, und in
dieser Lage giebt er also ganz das Bild wie im Leben; er kehrt aber nicht in
die verkürzte Gestalt zurück, die er im Leben gehabt hat, wenn seine Enden
sich einander wieder näherten, sondern nun nimmt er, besonders wenn noch
die äusseren Umhüllungen entfernt sind, die ihn an der unversehrten Leiche .
noch einigermassen in der alten Lage zusammengepackt gehalten haben, seiner
Schwere nach, oder dem geringsten bewegenden Zuge oder Drucke folgend
ganz unregelmässig geknickte Lagen und Gestalten an, hängt wie ein schlaffer
Strang oder Lappen zwischen seinen Enden oft weit von der gerade gestreckten
Lage abweichend, die er im Leben innerhalb der Grenzen zwischen Minimum
und Maximum seiner Länge hatte.

Hieraus folgt nun einfach für das Studium des Muskels an der Leiche,
wenn man ihn noch während der Todtenstarre blos legt, dass er in vollkommen
fester und unverändert natürlicher Gestalt zum Vorschein kommt, die aber nur
einer bestimmten Lage der Dinge im Leben, der Lage entspricht, in welcher
der Tod eingetreten, oder in welche der Todte unmittelbar nachher noch gebracht,
worden ist, wenn man ihn dagegen, wie gewöhnlich, in der erschlafften Leiche
aufdeckt, dass er dann auch vollkommen seinem Bilde im Leben entsprechend zur
Anschauung kommt, aber auch nur in einer bestimmten Lage der Dinge und
seiner eigenen Gestalt nämlich in der möglichst gedehnten, dass man sich
dagegen die Veränderung desselben, welche im Leben schon durch die Elasti-
cität eintritt nämlich die mit Verkürzung verbundene hinzudenken, von den
eintretenden Knickungen abstrahiren muss, um ein richtiges Bild dieses seines
Zustandes, wie er im Leben ist zu erhalten.

Wenn man sich dieses alles so klar gemacht hat, wie sich der Muskel
im Leben einfach in Folge seiner Elasticität verändert, wenn er gedehnt oder
nicht gedehnt wird und wenn dies beim Verluste der Elasticität in der Leiche
nur noch zum Theil geschieht, zum andern Theil aber hinzuzudenken ist, so
wäre es möglich die Gestalt der Muskeln in ihrem Wechsel und in ihrem
Zusammenhange mit den Bewegungen des Körpers auf Grund der Betrachtung
an der Leiche richtig zu erkennen und zu verstehen, ohne alle Rücksicht auf
die Eolle, welche der Muskel als actives Organ der Bewegung; im Leben
dabei spielt. Wäre er auch nicht contractu und dadurch activ bewegend wirk-


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