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Epicranius, Kiefergelenk.
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dem äusserlich der Jochbogen in gleicher Höhe gegenüber von über dem Eingang
ins Ohr zum Boden der Augenhöhle verläuft; er deckt damit zugleich
das obere Ende des Schlundkopfes, des Weges in dem sich die hinteren Enden
von Mund und Nase vor der Wirbelsäule anstossend, unter der Mitte der
Schädelbasis vereinigen, um sich von da an der Wirbelsäule hinab in den Hals
fortzusetzen. Hinter und vor dem Aste des Kiefers führen enge Zugänge in
den von ihm bedeckten Raum hinein; zwischen seinem Hinterrande und der
Wirbelsäule thut sich seitwärts, vor dem Rande des Stemocleidomastoideus,
ein Abstand auf, in dessen Enge der Processus styloides mit den an ihm
entspringenden Muskeln und der hintere Biventerbauch liegen (s. o. S. 32);
zwischen seinem Vorderrande und den Seitenflächen der hinteren Backenzähne
führt ein enger Zugang aus dem Räume des Mundes, unter der Backe, aber
ausserhalb des Gebisses (Yestibulum) rückwärts in den Hintergrund der Mundhöhle
oder den Rachen (Isthmus faucium) hinein. Oberhalb des Kieferastes
thut sich zwischen dem Jochbogen und dem Seitenrande der Schädelbasis (oder
unteren der Schläfe, Crista infratemporalis) der Eingang der Schläfengrube auf,
einer engen Spalte zwischen der Schläfenfläche des Schädels und einer von
ihrem Rande zum Jochbogen hinab über ihr ausgespannten starken Eascie.
An der oberen hinteren Ecke des Astes vom Unterkiefer vor dem Eingange
in das Ohr liegt das Kiefergelenk, die Verbindung des Gelenkkopfes
vom Unterkiefer mit dem des Schläfenbeines durch Vermittlung des zwischen
sie eingeschalteten kleinen Faserknorpels. Diese kleine platte Scheibe passt
mit einer oberen und unteren Concavität oder Pfanne auf die beiden Gelenk-
köpfe in einem besonderen Contacte mit besonderer Gelenkhöhle und in besonderer
beweglicher Verbindung. Auf dem des Schädels kann sie sich vor- und
rückwärts verschieben und dieser Verschiebung muss der Gelenkkopf des Unterkiefers
folgen. Daneben aber kann sich der letztere in der unteren Pfanne
um seine quere Achse drehen. Diese in dem Gelenke möglichen Einzelbewegungen
combiniren oder modificiren sich bei dem factisehen Gebrauche in verschiedener
Weise.
Bei Ruhelage ruht der Gelenkkopf in der Vertiefung der Schädelbasis,
unter dem hinteren Ansätze des Jochbogens (Eossa mandibularis) welche von
dem Gelenkkopfe (Tuberculum artieulare) des Schläfenbeines und der Vorderwand
des knöchernen äusseren Grehörganges gebildet wird. Bei Oeffnung des
Mundes tritt er aus dieser Ruhelage hervor, indem er einer Bewegung der
Bandscheibe nach vorn über das Tuberculum artieulare folgt. Dies fühlt man
deutlich am lebenden Kopf, wenn man einen Einger in das äussere Ohr steckt.
Zugleich aber dreht er sich in der unteren Pfanne der Bandscheibe um seine
Querachse in der Art, dass sich die unteren Zähne von den oberen entfernen.
Diese Bewegung, wenn sie für sich allein stattfände, wäre gleich der, wie man
sie sich früher gedacht hat und wie man sie am macerirten Schädel nachahmen
kann, indem man die Gelenkköpfe des Unterkiefers in die Fossae vor dem Ohre
angedrückt hält und mit den Zähnen auf- und zuklappert. Alle Punkte des
Kiefers würden Stücke von Kreisbogen beschreiben, deren Centrum in der
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