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Erster Teil. Kopf und Hals.
und besonders nach vorn mit starkem, freiem Rande über die Backe (Buccinator
s. o. S. 39) hervortritt. Sein Hinterrrand, der sich dem des Kieferastes mehr
anschmiegt, wird von der grossen Ohrspeicheldrüse, Parotis, überlagert, die sich
nach vorn dünn auf ihm verbreitet, nach hinten mit dickem Rande in die
Enge zwischen ihm und dem Kiefer einerseits, dem Sternocleidomastoideus und
der Wirbelsäule anderseits eindringt (s. o. Taf. I, II). Der Ausführungsgang
derselben läuft horizontal über den vordem Rand des Muskels und biegt sich,
um ihn herum, einwärts zur Mündung in die Mundhöhle mit Durchbohrung
des Buccinator.
Der Sehläfenmuskel, Temporaiis, bedeckt die ganze vom Scheitelbein,
Schläfenbein, Stirnbein und grossem Keilbeinflügel gebildete Abplattung der
Seitenfläche des Hirnschädels und ist von der starken Fascie bedeckt, die
sich über derselben, zum oberen Rande des Jochbogens hinab ausspannt,
oder mit andern Worten: er erfüllt die von ihr und dem Schädel gebildete
enge Spalte der sog. Schläfengrube, indem er an beiden entspringt. Die Fasern
der ganzen breiten aber dünnen Platte, die er darstellt, fassen sich ab- und
vorwärts convergirend zu einer starken Sehne zusammen, welche durch die
Oeffhung der Schläfengrube zwischen Jochbogen und Seitenwand der Schädelbasis
abwärts austritt und sich am Unterkieferaste inserirt, indem sie die
vordere Ecke desselben, Processus coronoideus, welche aufwärts in die OefFnung
der Schläfengrube hineinragt, umfassend in sich aufnimmt. Masseter und Tem-
poralis sind äusserlich durch den zu Tage tretenden Knochenstreifen des Jochbogens
sehr deutlich von einander abgegrenzt, wie der eine abwärts den
Kieferast, der andere aufwärts die Schläfenfläche des Hirnschädels bedeckt.
Sägt man aber den Jochbogen aus und schlägt ihn mit dem oberen Ende des
Masseter vom Temporalis und Processus coronoideus herab, um ihre Verbindung
mit einander zu sehen, so ergiebt sich, dass beide Muskeln sowohl mit
ihren Ursprüngen an der Innenfläche des Jochbogens, als mit ihrem Ansätze
an der Aussenfläche des Kieferastes ohne deutliche Trennbarkeit in einander
übergehen.
Sie wirken mit einander sehr entschieden und kräftig auf das Zubeissen
des Mundes, den Druck der Zahnreihen auf einander, indem sie den Unterkiefer,
wenn er vom Oberkiefer entfernt war, gegen denselben emporziehen. Zugleich
drückt aber auch besonders der Temporalis durch den mehr oder weniger
rückwärts gerichteten Zug des grössten Theiles seiner rückwärts divergirenden
Fasern den Gelenkast des Kiefers mit der Bandscheibe des Gelenkes in die
Ruhelage dicht vor der Wand des äusseren Gehörganges zurück, wenn er aus
derselben bei der Oeffnung des Mundes hervorgetreten war. Dabei geht seine
Sehne in der unteren OefFnung der Schläfengrube, hinter dem Ansätze des
Jochbogens an den Oberkiefer vor- und rückwärts hin und her und ist hier
von leichtmobilen Eettklumpen umgeben, die ihr dabei so oder so ausweichen
.
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