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Rumpf und Schulter.
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I. Muskeln zwischen Rumpf und Schulter.
Das Hauptstück des Schultergürtels, das Schulterblatt, als breiter platter
Knochen von etwa dreieckiger Gestalt mit einem hinteren, oberen und einem
schräg seitwärts gerichteten Eande, liegt dem hinteren Seitenumfange des
Thorax in der Art an, dass es ihn mit dem hinteren senkrechten Eande, mehr
oder weniger parallel der Wirbelsäule, anschmiegend berührt, mit der oberen
Seitenecke aber, welche das Schultergelenk trägt, von seinem Seitenumfange
absteht. In dieser nur hinten anschmiegenden, vorwärts aber abstehenden Lage
zur Seite des Thoraxumfanges wird es erhalten, vom Thorax seitwärts abgestemmt
, durch das Schlüsselbein, welches wie eine Strebe oder Spreitze zwischen
seiner Verbindung mit der Grenze von Brustbein und I. Eippe und der mit
dem Schulterblatte an der Schulter hinüber gestemmt ist. Dadurch entsteht
die seitwärts hervortretende Lage der Schulter, welche die Gestalt des menschlichen
Oberkörpers von der des entsprechenden Abschnittes vom Eumpfe der
meisten Säugethiere, wie z. B. Pferde und Hunde, am eingreifendsten unterscheidet
, weil sieh bei diesen in Ermangelung des Schlüsselbeines die Schultern
mehr einander entgegen, von der Seite nach vorn, gegen die Grenze des Halses,
am Thorax anlegen. Und so entsteht ferner zwischen der seitwärts vom oberen
Ende des Thorax abstehenden Schulter und dem Seitenumfange des Thorax ein
Kaum, der sich nach vorn zwischen ihnen aufthut, nach hinten dagegen, wo
sie sich einander inniger anschmiegen, in der Enge zwischen hinterem Eande des
Schulterblattes und Thorax endigt, die sogenannte Achselhöhle, Axilla. lieber die
vordere Oeffnung dieses Eaumes ist das Schlüsselbein, wie eine schlanke bogenförmige
Brücke, vom Thorax zur Schulter hinübergespannt. Die Wände der
Achsel, die vom Thorax und Schulterblatte gebildet werden, sind mit breiten
platten Muskeln belegt, einem auf Seite des Thorax, welcher zu denen gehört,
die Schulter und Thorax verbinden, und mehreren auf Seite des Schulterblattes,
die theils schon von ihm zur Schulter, d. h. über das Schultergelenk zum
Oberarme gehen, theils aber auch, und zwar in sehr grosser Ausdehnung, auf
dem Eücken vom Rumpf zur Extremität kommen. Die vordere Oeffnung des
Eaumes der Achsel ist abwärts vom Schlüsselbeine ebenfalls von einer breiten
platten Muskulatur bedeckt, die sich von der Brust über den offenen Abstand
zur Schultergegend hinüber ausspannt.
So ergiebt sich eine rings von mehr oder weniger senkrechten Wänden,
Thorax mit Muskel, Schulterblatt mit Muskeln und Brustmuskeln umschlossene
Gestalt der Achselhöhle, oder, wie man es mit Eecht wohl auch nennt, des
Achselkanales, wie er sich von oben hinter das Schlüsselbein hinein, bis unten
zwischen Muskelrändern in der Achselgrube wieder hinaus, an der Aussenseite
des Thorax, aber seitwärts von der Schulter gedeckt, hinabzieht und den Weg
des Verlaufes grosser Blutgefässe und Nerven, von der untern oder Brusto-renze
des Halses zur Extremität hinab darstellt. Die Betrachtung der Muskeln aber,
welche die Extremität mit dem Eumpfe verbinden, gliedert sich in die der
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