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MAGTE.
MAGIE, 379
welchem ihre ganze Lehre erbauet
war, und zugleich der
libexliaupt im zweiten und dritten
Jahrhunderte, besonders
aber bei den neuplatonischen
Philosophen, herrschenden Denkungart
war, dafs sieder Magie
und Theurgie sehr anhiengen
, durch magische Operationen
und mit ilmen verbundene
Reinigungen des Körpers und
der Seele zu genauerer Vereinigung
mit den hohem Intelligenzen
und mit dem höchsten
Gott gelangen zu können,
glaubten und diese folglich als
einen wesentlichen Theil ihrer
Philosophie und Theologie ansahen
. Dieses war so allgemeine
Denkungart der Philosophen
, selbst der Weisesten unter
ilmen, so allgemeiner Ideengang
bei allen morgenländischen
Weisen, heidnischen so-
wol, als jüdischen, dafs es eher
liätte Bewunderung erwecken
müssen, wenn die Gnostiker
frei davon gewesen wären, als
dafs das Gegentheil Kennern
der philosophischen Geschichte
auffallend seyn sollte. Die Prämissen
, aus denen die Wirklichkeit
der Magie und Theurgie
geschlossen werden mufste,
waren ja bei den Gnostikern
ebenso sehr der Grund ihres
ganzen Systems, als bei den jüdischen
und heidnischen Philosophen
. Auch waren die Lehrer
der catholischen Kirche, im
Ganzen genommen,' weit davon
entfernt, die Wirklichkeit
dieser höhern Künste in Zweifel
zu ziehen ; sie waren nur
mit den Heterodoxen und Un-
christen über die Gattung der
Magie uneinig und behaupteten
, dafs die Dämonen * mit
denen die gnostische und heidnische
Philosophie in genauerer
Verbindung zu stehen
glaubte, nicht höhere, voll-
kommnere und bessere Intelligenzen
, sondern böse Geister,
wären, — dafs folglich ihre
Theurgie, (um mitAusdrücken,
die unsrem Zeitalter geläufig
sind, zureden,) nicht weifsef
sondern schwarze> Magie sey.
Daher kam es denn auch, dafs
sowol die Häupter der Kirche,
als nachher auch die christlichen
Kaiser, so sehr gegen die
Magie, nicht als gegen eine
unnütze und thörichte, sondern
unchristliche und verderbliche,
Wissenschaft eiferten, sie in
so vielen kirchlichen und bürgerlichen
Gesetzen verboten
und sehr ernsthaft mit unauflöslichem
Kirchenbanne und
schweren bürgerlichen Strafen
ahndeten. Wenn aber dio
Theurgie unter den Catholischen
selbst so manche Freunde
fand: wieviel mehr mufste siö
den Gnostikern gefallen , deren
ganzes System sie so sehr begünstigte
!*Ä
„Der Gnostiker sah sich als
einen Dämon an, der vor seinem
irdischen Leben in einem,
höhern und vollkommenem
Zustande gewesen wäre und eine
höhere Glückseligkeit genossen
liätte, aber nun , zur Strafe
für seine Sünden, in einem,
irdischen Körper leben müfste.
Je eifriger er nun seinem System
anhieng, desto mehr mufste
er streben, seine verlorne
oder verdunkelte dämonische
Natur wieder herzustellen, und
die Verbindung, in welcher er
vorhin mit den höhern Geistern
gestanden zu haben glaubte, zu
erneuern; und Dieses führte
dann unmittelbar zur Theurgie
selbst. — So können wir aus
den allgemeinen Kenntnissen
von dem Systeme der Gnostiker
mit grofser Wahrscheinlichkeit
schliefsen, dafs Theurgie bei
ihnen, wenigstens bei Denen,
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