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456' MEIST, Y.. STUHL
MEIST. V, STUHL
liehe Würde des Vortrags, die,,
■von dem glücklichsten Organe
"begünstigt, Geist und Herz der
jSuhörer gleich unwiderstehlich
zu fes&elu , verstand! E^s war
nicht mühsam eingeübte Kunst*
<js war die freie Beredsamkeit
<Jes Herzens, welche das tiefe
Gefühl hohen B.erufs eingieht,
die dann von seinen Lippen
strömte und uns Alle mit ihm
zu höherer Anschauung empor-*
hob.**
Mochte er in belehrender
Rede die Grundsätze und Sinnbilder
des Bundes lichtvoll erklären
, oder die Blätter der
Geschichte vor uns aufrollen
-und in grofsartigen Umrissen
die Begebenheiten der Zeit
lehrreich vorüberfuhren, oder
auch hei feierlichen Anlässen»
4a, wo, heitere Kränze der
Freude, oder du-stexe- Trauer-*-
flöiö, uns exe Hallen schrftück^
ten, des Augenblicks hüchste»
geistigste Bedeutung ergreifen
nnd veredeln, immer fand
sich der streng prüfende D.en^»
Iker* wie das zarter© Genrüth,
von seinem Vorträge gleich
lebhaft befriedigt, durchdrang
gen, erhoben. Und wann
h.ei'm haken Mahle die Stunde
heiterer Geselligheit erschien,
wie wufste er dann sie sinnt
reich zu würzen mit acht So^
exotischer Weisheit, wie , zar->
ten Sinnes» jede schönere Blu^
me des Gebens, zum immer frischen
Kranz, der Freude au
winden!'* ---
Streng allein gegen sich
selbst, gemäfsigt in den Ansprüchen
an Andere, jedes
Verdienst aufs Freundlichste
an erkennend, jeden Irrenden
aufs Schonendste heiehrend,
war sein IJexa auch ausserhalb
der Loge jedem Bruder* der
Rath, Aufklärung oder Beistand
tuch^ Ueb^raU offen,«
„Nur Gefühl verletzten
Rechts, verkannter Menschenwürde
, konnte ihn oft leiden-,
schaftlicli aufregen, zu bitterer
Indignation hiureifsen; doch
strebte die Milde seiner Sitten
gar bald, das Gleichgewichfi
im Innern herzustellen.
,,Unermüdet, selbst noch bei
körperlichen Leiden , die ihn
oft unversehens, auf's Heftigste
anfielen , widmete er sich den
— nach seiner Sinnesweise für-
ihn vielseitigsten — Arbeiten
und Anfoderungen des Meister^
amts. Seinem geläuterten Ge-*
schmacke verdankt die Loge
ein neues, sinnreich geordnetes
Liederbuch, seinem britischen
Forscherblicke so manche histo-«
rische Aufklärung, so manche
unschätzbare Bereicherung un-»
sers Archivs.*4
„S-ein weltbürgerlicher Sinn
liefs ihn an Allem, was —•
selbst in den entferntesten Ge^
genden — im Interesse -unsers
Bundes, oder zum Wahl der
Menschheit überhaupt, vor-.
giengx an religiöser und sitt-*
lieber Aufklärung, Verbesse-»
rimg bürgerlicher Einrichtung»
gemeinxiützigen Erfindungen
und Anstalten, stets den leben-*
digsten Antheii nehmen; uxid
nicht freudiger glänzte seirt
Auge, als wenn er uns irgend
etwas in diesem Sinne Wissens-»
würdiges, den Glauben an die
, Fortschritte, der Humanität, an
die ailmählige Veredlung unsrer
Gattung Bestärkendes, mitthei--
len konnte,**
„Die Ergebung und die hei-»
tere Zuversicht des Weisen
verliefsen ihn auch in den
letzten bittern Stunden des Ab-»
schieds von seinen Geliebte-»
sten, nicht, Freundlich trü-*
stend suchte er ihre Klagen zu
mildern; segnend, dankte sein,
letzte* Blick iur i\m liebeyallr
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