http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/hesse1824/0526
MOL AT.
MOLAY. 503
indefs, wie er ilim jtmvexljc^Ien
sagen müsse, der Meinung,
dafs in einem solchen Falle die
Ehre und die ReclitseliafFenlieit
geböten, blofs der Stimme der
Wahrheit Gehör zu geben,
mithin den Orden zu verthei-
digen, und lieber die Freiheit
und sogar das Leben aufzuopfern
, um für die Wahrheit
und die Religion ein Märtyrer
zu werden.'4 "
„Molay, aufsexsich vor Freude
, umaTmte seinen Neffen
zärtlich und , sagte zu ihm ;
„„Mein lieber Sohn,, diese
Antwort und diesen Rath er*
wartete ich von Dir : allein,
würdest Du in einem ähnlichen
Falle auch wol selbst fähig
seyn, blofs an Das zu denken
, was die Wahrheit und die
Ehre erheischen ?" *' Hierauf
erwiederte Beaajeu: „ „er habe
ihm nur Das gerathen, was er
selbst unter solchen Umständen
thun würde.*'"
i,Mo2ay fuhr daher weiter
fort: „Du.hast zu jeder Zeit,
ein eifriger Verehrer des Ordens
zu seyn, geschienen und
immer die Neigung blicken lasseh
, in denselben zu treten..
Verspürst Du aber auch noch
jetzt den nämlichen Eifer und
die nämliche Lust in Dir, ob-
sgIioh alle Hoffnung verschwunden
ist, dafs der Orden je wieder
werde hergestellt werden ?
und fühlst Du Dich muthig,
entschlossen und standhaft genug
, um jeder Verfolgung,
Kränkung und Demüthigung
Trotz und die Spitze zu bieten
?" '« — Ja!" " antwortete
Beaajeu, „„ich hege noch
heute den Wunsch, in den Orden
zu treten; ,und was auch
nur immer für Verlust mich
hierbei treffen mag, fühP ich
mich dennoch stark genug, um
jedes Hindemifs zu überwinden
, unablässig die Wahrheit
eifrig zu vertheidigen, und den
allerheiXigsten Orden fortzupflanzen
.*'*'
„ „Gut, mein Sohn \u " sag-
te Molay und indem er unter
seinem Hemde ein Band hervorzog
, woran drei Schlüssel
befestiget waren, machte er
diese los und verbrannte das
Band. — „„Du siebest," "
fuhr er fort, „ „wie diefs $and
verbrämt. — Bald vielleicht
steht uns das nämliche oder
ein ähnliches Schicksal bevor.
Fühlst Du Dich stark und muthig
genug,' um zur Verth ei dir
gung Deiner Brüder und der
Wahrheit Dein Leben aufzuopfern
und Dein Blut zu ver-
giefsen 4< — Beaujeu be-
dienerte, dafs er zu Allem bereit
sey. Molay sagte daher zu
ihm: „ „Du mufst mir einen
Beweis Deines Muthes geben
." *' — Zu diesem Zweck
überreichte er ihm die drei
Schlüssel, mit den Worten:
„ „Der Erste von diesen Schlüssein
öffnet die kleine Pforte zwe
Gruft des GrofsmeistersV Da
hinunter mufst Du während
der Nacht, das heifst, gerade
um Mitternacht, in einen Mantel
gehüllt, und mit einer
Blendlaterne versehen, steigen,
dort den Sarg Deines Onkels,
des Grofsmeisters Beaujeu, in
die Hohe lieben und darunter
ein dreieckigt.es Kästchen von
Crystall hervorziehen sodann
wieder heraussteigen, die
Thür, welche zur Gruft führet,
hinter Dir verschliföfsen und
mir das Ilästchen überbringen
.";" ..."
„Beaujeu vollzog den Befehl
des Grofsmeisters mit der
pünetlichsten Genauigkeit und
überbrachte ihm das dreieckig-
te, qrystallne und mit Silber
eingefafste Kästchen. Als es
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/hesse1824/0526