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rufenen, der Ernsten und Getreuen gibt es nicht
gar viele. — (Von dem wüsten Chaos gröblicher
Makulatur stechen da die Bücher einiger Engländer
und eines Deutschen, Alfons Paquet, aus
der ersten Zeit der bolschewistischen"Revolution
erfreulich ab.) Es läßt sich kaum beschreiben,
mit welcher Verachtung die führenden Männer
Rußlands über jene spekulativ Verzückten urteilen
, die in ihnen herrliche Heroen ohne Makel
erblicken, auf speichelleckerische Art und Weise
ihr Werk bevvedeln und beräuchern. Für jene
anderen, die aus schlotteriger Angst in Rußland
Begeisterung simulieren, um dann, über die
Grenze zurück, in ihrer Heimat vor Verleum-
i! dung und Geifer überzufließen, hat man in Rußland
selbstverständlich nichts weiter als das Viertellächeln
der Geringschätzung, wie sich's gebührt
.
Wahr ist es, daß- jeder, der im Auftrage bürgerlicher
Zeitungen, Zeitschriften oder Verbände
nach Rußland kommt, ohne sonderliche Liebe,
dagegen mit unverhohlenem Argwohn empfangen
wird. Eine gewisse, in entscheidenden Situationen
erprobte Gesinnung gegenüber dem Sozialismus
kann als Grundbedingung für die Gewährung der
Einreise gelten. Aber ich habe es selber erfahren,
auf welche Weise sich einer und der andere diese
Einreiseerlaubnis erschlichen hat, der dann, kaum
über die Grenze geraten, von den Russen erkannt
und mit heftigem Griff in Gewahrsam genommen
wurde. Besonders einigen mir gut bekannten Leuten
, Herren und Damen, darunter Amerikanern,
war es so ergangen. Ich war entsetzt, als ich bald
nach dem Betreten russischen Bodens von ihrer
Festnahme unterrichtet wurde. Kurz darauf er-
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