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des ersten Buchdruckers, am Fuße der Chinesi
sehen Mauer der geschlossenen Inneren Stadt,
Kitai Gorod, aufgepflanzt. Lockend und leidenschaftlich
klangen die hellen trockenen Töne des
Rohrs durch den Abend. Wir stapften vorbei.
Vor dem Auswärtigen Amt schüttelten wir uns die
Hände, und jeder trottete nach Haus. Beine
und Arme taten mir weh, mein Herz aber war froh.
Ich wünschte ... ich wünschte, ein Zwang käme
irgendwoher, und jeder von uns alten und jungen
geistigen Arbeitern in Deutschland, Amerika, der
ganzen Welt müßte einmal in der Woche mit Kameraden
nützliche und harte körperliche Arbeit
leisten. Um der Arbeit willen, der einen unteilbaren
Arbeit der Hand und des Kopfes willen, der
guten, lächelnden, helläugigen Kameradschaft wil
len, für die Idee der Gemeinschaft und der Zukunft
verhärteten Schlamm aus dem Wege räumen
mit harten Spatenhieben.
Aber wenn es nach mir ginge, es dürfte kein
Unlustiger, kein Widerstrebender dazu gezwungen
werden, nicht mit Namenlisten, nicht mit Verwarnung
, nicht mit Konzentrationslagern. Um
der Arbeit willen und die heilige Gemeinschaft.
Todmüde trottete ich durch die hereinbrechende
Nacht in mein entferntes Quartier heim. Plötzlich
bemerkte ich, daß ich meinen „Pajok" noch
in der Hand hielt. Ein Arbeiter kam mir entgegen,
mit ihm ein Roter Soldat. Dem Arbeiter gab ich
das Brot, dem Soldaten den Zucker.
Die dritte Phase des Subbotnik heißt Woskres
sennik, das ist die Sonntagsarbeit. Bei
Winteranbruch, wenn die Tage kurz werden, verlegt
man den Subbotnik auf den Sonntagmorgen.
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