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teln zogen vorüber, alle mit dem roten Stern der
Sowjets auf Kappen und Helmen. Auch Panzer-
automobile und Tanks in kriegerischer Bemalung.
Jede Abteilung schrie beim Vorbeimarsch an der
Trotzkitribüne begeistert Hurra. Trotzki und die
Kommissare hoben die Hand zu ihren Mützen
und Hüten und salutierten . . .
Die Armee ist gut genährt und gekleidet — im
Verhältnis zu den Möglichkeiten der allgemeinen
Notlage selbstverständlich. Der Soldat im Lande
erhält um ein Geringes mehr als der Schwerarbeiter
der Klasse A, der höchstbewerteten Stufe
in bezug auf die Lebensmittelversorgung. An der
Front aber erhält er das Doppelte.
Ich sah während der drei Monate meines Aufenthaltes
wiederholt eben eingekleidete Truppen in
neuen guten Tuchmänteln, Anfang September solche
in funkelnagelneuen Regenmänteln. Das Schuhwerk
ist zum Teil ganz ungenügend. Es ist ein Glück zu
nennen, daß Wrangel noch vor Anbruch der härtesten
Winterszeit geschlagen wurde. Ansätze zu
neuen Uniformen kann man bei der Roten Armee
auch schon konstatieren. So den neuen Spitzhelm
. Nimmt man solch einen Helm in die Hand,
so sieht man allerdings, daß es kein Pickelhelm
mit Stoffüberzug ist, sondern ein Stoffüberzug
ohne Helm, eine Tuchnachahmung des historischen
Kalmückenhelms. Die Kavallerie zeichnet sich
zum Teil durch Operettenhaftigkeit der Staffierung
aus. (Wieweit diese auf das Konto der
zaristischen Bestände zu setzen ist, weiß ich
nicht.) Während die Fußtnippen und die Artillerie
in Khaki mit Purpurstreifen (die Offiziere tragen
ihre Distinktion auf den Ärmel genäht) gekleidet
sind, spielt die Reiterei alle Farben, hat zum Teil
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