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des Ackerbaus, der Völkerkunde, des Kommunismus
halten. Übermorgen werden Schauspieler
ihnen die neuesten politischen Nachrichten aus
aller Welt mit verteilten Rollen vorspielen — sie
werden sich den Bauch halten, wenn Mr. Churchill
, Herr Ebert oder der Völkerbund die Bühne
betritt und seine Absichten gegen Sowjet-Rußland
in wütenden Worten ins Parkett hinunter brüllt.
Die stärkste und wesentlichste Arbeit, die das
Kommissariat für Volksaufklärung gegenwärtig
zu leisten imstande ist, wird an den Fronten
getan. Berichte besagen, daß in Truppenteilen
der Analphabet immer mehr zum verachteten Geschöpf
geworden ist. Daß der Ruf nach Entsendung
gebildeter und redegwandter Genossen, Lehrer
und Künstler immer nachdrücklicher ertönt.
Dieses Erlebnis des Roten Soldaten an der
Front sollte dem Weltimperialismus zu denken
geben.
T~\ie Not des bedrängten Landes wirft den Roten
Soldaten, sobald sein schweres Werk an der
Front getan ist, in Bezirke, wo man seiner Kraft
bitter bedarf. Es ist vorgekommen, daß in einem
sehr entfernten Gouvernement Arbeitstruppen
die Eisenbahnschienen aufreißen und sie an einen
neuen Frontabschnitt befördern mußten, weil die
Eisenwerke nicht imstande waren, Schienen zu
produzieren. Notstandsarbeiten, die dringend auszuführen
waren, wurden während einer Pause an
einer Abteilung der Front erledigt. Alles frißt
der Krieg, Leben, Wohlstand und Wohlergehen.
Eines aber frißt er in Rußland nicht, und das
ist die Seele des Volkes. Der Arbeitszwang, der
für die Soldaten der kämpfenden Armee im Ruhe-
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