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sehen? Das kommt daher, sagen die Schöpfer
der Proletkult, daß der Dichter, Künstler, der
Gelehrte, der die Kultur der vergangenen Zeiten
schuf, auch wenn er aus dem Proletariat hervorkam
, für den Kaiser, den Papst, den Adel, zuletzt
für den bürgerlichen Mäzen und Unternehmer,
für das Publikum gewirkt und geschaffen hat.
Jetzt soll das anders werden. Der Intellektuelle
soll in der Masse, in dem zum Proletariat geeinten
Volk aufgehen, und die Masse soll, groß, unnennbar
und anonym, Schätze der Kultur fördern und
hervorbringen, ihr eigener Künstler, Mäzen und
Publikum werden.
Die Proletkult umfaßt zwei Arbeitsgebiete: die
proletarische Hochschule und die Werkstätten für
proletarische Kunst. Das Vage und nur noch im
Gedanken Gefügte, das die ganze Proletkult in
ihrem heutigen Stadium kennzeichnet, drückt sich
in den Intentionen aus, die die proletarische Iloch-
schularbeit bestimmen sollen. Die Wissenschaften
sollen auf die Aufnahmefähigkeit einer großen,
aus Analphabeten ebenso wie aus schon fortgeschrittenen
Schülern sich zusammensetzenden
Zuhörerschaft eingestellt sein. Es soll eine Darstellung
der Methoden der Wissenschaft, eine
Darstellung des Zusammenhangs aller
Wissensgebiete, sozusagen das Schema der
Organisation aller Wissenschaften gegeben werden
. Mit anderen Worten: das aus wenig und
ganz unvorbereiteten Hörern bestehende Auditorium
soll sozusagen im Schnellzugtempo einen
Aufriß der gesamten Wissenschaft vorgeführt bekommen
.
Darstellung der Theorien und Erörterung des
Kommunismus bilden den Kern dieser Vorträge.
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