http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/holitscher1921/0118
Brutalität und gewaltsamen, Etwas ausdrückenden
Koloristik darstellt, unten liegt aus Gips, weiß
und rosafarbig, zierlich geformt, die persische
Fürstin in naturalistischer Brunst hingegossen.
Das Ganze steht jetzt, wie gesagt, in jenem
„Proletarischen Museum", einer Villa, in der
allerhand wunderschöne Bilder, Porzellane, Möbel
und Kunstgegenstände aus dem Besitz geflohener
Aristokraten und Bourgeois zusammengetragen
sind. Wenn man zum Tor hereinkommt, sieht man
in einer magisch panoptikumhaften Beleuchtung,
von oben herunter beschienen, die persische Prinzessin
in gipsener Anmut hingestreckt — man
hat einen Effekt zu überwinden, so als ob man
da in das Haus irgendeiner Madame Melanie
geraten wäre —, aber dann bemerkt man den
hölzernen Stenka hinter der Gipsfigur und sieht,
daß das hier wahrhaftig ein repräsentatives Werk
der neuen revolutionären Volkskunst Rußlands
genannt werden darf.
Etwas Ähnliches, barbarisch gewalttätig groß
Gedachtes muß am Anfang der Revolution auf
dem Ochotni Rjad zwischen dem Theaterplatz
und der Universität in Moskau zu sehen gewesen
sein. Man entdeckt noch Spuren. Auf diesem
langgestreckten Platz steht eine Reihe ebenerdiger
und stockhoher Gebäude, Verkaufsbuden,
in denen ehemals Würste, Tee, Honigkuchen
und allerlei Leckerwerk zu kaufen gewesen
war. Als zugleich mit dem Privateigentum all'
dies mit einem Knall zertrümmert in die Luft
ging, kamen die Futuristen mit breiten Pinsehi
daher, löschten oder strichen den ganzen Platz
aus, bemalten einfach all'diese Buden undHäuser-
chen kreuz und quer mit Wellenlinien, farbigen
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