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starrer Wille, die Klasse der Intellektuellen eher
zu vernichten und verenden zu sehen, als sich"
mit ihr auseinanderzusetzen, führt den Beweis,
daß in der kommunistischen Gesellschaft der Zukunft
das Gebilde des Intellektualismus überhaupt
fehlen wird. Daß, so wie es fortan keine
Grenze mehr zwischen körperlicher und geistiger
Arbeit, zwischen Handwerk und Kunstübung
geben, auch keine Trennung zwischen Arbeiter,
Bauer und Intellektuellem mehr bestehen wird.
Der Intellektuelle war und ist Gegenpol des stumpfen
, tierischen Analphabeten der entrechteten
Klasse. Letzten Endes müssen die Intellektuellen
jetzt mit ihrem Sein die Sündenschuld begleichen,
die sie in den Jahrzehnten und Jahrhunderten
als Klasse oder Kaste auf sich geladen haben,
indem sie nicht gemeinsame Snche machten mit
dem großen leidenden unterdrückten Volk —
und indem sie, als Individuen, ja auch als revolutionäre
Sozialisten nicht den Mut und die Logik
des Herzens und Verstandes besessen haben, das
Übel bis in seine Wurzel zu erkennen, es bei der
Wurzel zu packen und auszureißen.--
JLynicht fehle, will ich über Schaljapin Bericht
geben, um zu zeigen, wie im kommunistischen
ebenso wie im kapitalistischen Staat der Tenor —
auch wenn er ein Bariton ist — d. h. der
reproduzierende und nicht der schnffende Künstler
verhätschelter Liebling der Götter und Genossen
bleibt; wie er in dem Meere der Not und
des Hungers auf der letzten, obersten, kleinen
Araratspitze ein fröhlich pantagruelisches Dasein
tristen Kapitel das Satirspiel
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