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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/holitscher1921/0176
auch der neuen Bourgeoisie befriedigt werden
konnten. In dem Laden, der mein Gewissen
arg belastet hat, gab es Kuchen, Speck, Käse und
Konserven zu kaufen, und ich habe dort meine
Kost zuweilen aufgebessert, indem ich alle paar
Tage einmal ein gebratenes Huhn für 7500 Rubel
erstand. Dieser gegenrevolutionären Handlung
machte ich mich nicht ohne Not schuldig. Wir
bekamen in unserem Hause, in dem wir, allerdings
frierend, aher in sehr schönen Räumen untergebracht
waren, tagaus, tagein nichts anderes zu
essen als torfartiges Brot, sehr wenig Butler,
schmutzige Zuckerstückchen, die sich seit Ausbruch
des Krieges an allen Fronten herumgewälzt
haben mochten, und die man in die Backe schieben
mußte, um den dünnen Tee über sie zu spülen,
einmal am Tage ganz durchsichtige Gemüsesuppe
und außerdem Kascha, Kascha, Kascha. Kascha
ist Grütze. Ich weiß nicht, aus was für Hülsen
von Hülsenfrüchten die Kascha hergestellt war,
die wir in Moskau monatelang zu essen bekamen.
Früchte waren es nicht, sondern Hülsen; es mag
aber auch Baumrinde gewesen sein. Unsere Kascha
hatte zuweilen eine Färbung, deren Ursprung
in der Botanik nur schwer zu lokalisieren sein
dürfte. Fleisch und Kartoffeln gab es äußerst
selten, noch seltener eine Konservenbüchse mit
Fisch oder ein Stück Käse. (Ging man indes mit
Kommissaren auf Reisen, so wurde einem vom
Kommandanten auffallend reichlicher Mundvorrat
mitgegeben.) Mein Zimmernachfolger wird versteckt
im untersten Schiebfach eines prächtigen Rokokoschrankes
sieben sauber und in aller Heimlichkeit
abgenagte Hühnergerippe vorgefunden haben.
Einige Worte über die Belieferung der Städte

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