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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/holitscher1921/0219
glaube, diesem Volk ist kein religiöser Cant, keine j
Heuchelei, kein Lippenbekenntnis zu Gott nachzusagen
. An den Pforten der Kirchen, Kapeilen,
Klöster stehen die wunderlichen, wunderbaren
Gestalten der Pilger, reglose, langhaarige, langbärtige
, sanfte Menschenstatuen, rastend für
kurze Stunden auf ihrem rastlosen Wanderweg
durch das immense Land, durch das sie eine
rätselhafte Stimme des Blutes lockt und treibt.
Wissen sie vom Schicksal, das das Land erlebt
hat? Vernehmen sie den vibrierenden Laut der
Not und Spannung in den Lüften ? In ihnen lebt
Gott, der Unaustilgbare, laut und brausend weiter,
und sie folgen allein den Schicksalswegen, die
eine unerreichbare Macht ihnen vorgezeichnet
hat. An ihnen zerschellt die Wirklichkeit...

Noch rufen dir die Bettler, die Krüppel und
die Kranken vom Straßenpflaster mit brechender
Stimme das Wort Christos hinauf, wenn du
an ihnen vorübergehst — einen jungen Blinden
allein habe ich, so oft ich an ihm vorüberging,
das Wort

„Towarischtschi!"

rufen hören! Er rief sie unzählige Male den Vorübergehenden
zu, der Arme, diese Zauberformel
der Neuen Gemeinschaft: „Genossen!" Und
heimste weniger Almosen ein als seine Nachbarn
, die die Menge im Namen des alten Gottes
beschworen.

Immer wieder steht mir ein Bild vor Augen,
wenn ich an den religiösen Russen und sein
heutiges und zukünftiges Schicksal denke: die beiden
emporgereckten, über die Flamme des lodern-

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