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Giebelfelde des Tempels. Nur die zwei Pfeilschützen machen eine
Ausnahme, und sind daher als Nichtgriechen bezeichnet; nun aber
die Frage: wenn das westliche Giebelfeld den Kampf über den Leichnam
des Patroclüs oder des Achilles zum Gegenstand hat, sind
wohl die zwei Pfeilschützen die einzigen Trojaner; zwei für Alle?
oder müfsten die andern auf der Seite der Trojaner nicht gleichfalls
bekleidet sein? Das sind sie nun nicht: es ist also ein Kampf zwischen
Griechen und Griechen mit Ausnahme der zwei Barbaren;
denn die barbarischen Völker verschmähten die Nacktheit 22).
Wären die zwei Schützen Trojaner, so ist der im Ledergewande,
den man Paris nennt, dazu auf keine Weise geeignet. Der malerische
Homer war das Vorbild und Handbuch der griechischen Künstler;
bei ihm erscheint Paris meist mit ehernem Helme und wehendem
Helmbusch« Der schimmernde Helm mit dem Busche war ihm so
eigen, dafs er ihm seine Rettung verdankte im Zweikampf mit Mb-
nelaus. II. r. 360—373. Die Lederkappe ist wohl kein schimmernder
Helm. Doch gibt es gegen dieses Bedenken eine Abhilfe j der andere
Schütze ist ehrbarer gewaffnet, und könnte zur Noth für einen
Paris einstehen. Aber dagegen gibt es überall keine Abhilfe: im
langen Kampfe um die Leiche des Patroclus läfst sich nach der
homerischen Erzählung Paris gar nicht sehen. Wie kommt es nun,
dafs man das Gefecht am Giebelfelde aus dem Homer erkläret, und
dennoch in den Hergang willkürlich den Paris einschiebt, der sich
dabei nie blicken liefs ? Will man aus dem Homer diese Bilder erklären
, so mufs man sie auch nach dem Homer erklären.
Nehmen wir auf den vermittelnden Gedanken Rücksicht, die
Aegineten haben durch den troischen Krieg vorbildlich das Angedenken
ihrer Verdienste im Perserkriege auf die Nachkommen bringen
wollen, wie denn auch der Schütze im Ledergewande nach Art der
**) Thücydid. L. I. c. 6.
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