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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/huschke1894/0014
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Die Experimentalphysiologie bringt mehr die somatischen Beziehungen des Gehirns an
den Tag, als die psychischen, seinen Einfluss auf Bewegungen und das niedere Empfinduugsleben, ist
aber auch hier oft ein Irrlicht, das in Sümpfe und Gräben lockt.

Der Phrenologie fehlt eine wissenschaftliche Grundlage und eine scharfe Kritik ihrer Beobachtungen
, und die pathologische Anatomie hat durch Burdach's belesene Zusammenstellungen
bewiesen, wie unfähig sie in ihrem jetzigen Zustande ist , uns über den Sitz verschiedener See-
lenlhäligkeilen Aufklärung zu verschaffen.

Unterdessen reichen aber unsere Instrumente, Wage und Zollslab, Messer und Mikroskop aus,
um uns der Grössenverhältnisse und des Verlaufs gröberer und fernerer Abschnitte des Gehirns zu
versichern, namentlich die Massen zu untersuchen, wo wir die Schwingungen und Verkettungen
der Molecüle, der apolaren, bipolaren und multipolaren Ganglienkugeln, der breiten und schmalen,
der einfachen und verzweigten Primitivfasern, der Hülle und des Kerns (OVxencylinder) und des dazwischen
befindlichen Zelleninhalts zu fassen nicht vermögen. Auch die gröberen Massen haben ihr
Recht, ihr Interesse, ihre besondere Bedeutung. Sie sind grosse räumliche Abschnitte, welche die
grossen zeitlichen Absätze der Seelenlhätigkeit und die verschiedenen Hauptfunctionen des Gehirns
andeuten.

Ich habe daher auf diesem Wege unter Beihülfe der übrigen Methoden und deren Resultaten die
Sache weiter zu fordern gesucht und das Hirn nach Alters-, Geschlechts- und Ragever-
schiedenheiten untersucht.

Wenn wir nämlich von dem Seelenleben der Thiere wenig wissen, weniger als wir sollten, weshalb
die von Reil ausgeworfene Saat bis jetzt die erwarteten Früchte nicht gegeben hat, so kennen
wir dagegen ziemlich genau die besonderen Stimmungen der Psyche des Kindes und des Erwachsenen,
des Mannes und des Weibes, und vielfach auch die psychischen Nationaleigenlhümlichkeiten. Davon
beschränken sich die zwei ersten sogar nicht auf den Menschen, sondern ziehen sich, wie sie hier
angetroffen werden, in eben der Verschiedenheit durch das ganze Thierreich hindurch, soweit es nach
Allers- und Geschlechlsverschiedenheiten beobachtet worden ist.

Freilich sind die Schädel und Hirne von zwei verschiedenen Säugethieren weit mehr.von einander
verschieden, als dieselben Theile vom Menschen nach dessen Alter, Geschlecht und Race, und müssten
leichter zu einer Auffindung des Sitzes ihrer Geisteskräfte führen, wofern wir nur davon eine genaue
Kenntniss hätten. Bei dem mangelhaften Stande der vergleichenden Seelenlehre hat aber die Untersuchung
des menschlichen Schädels und Hirns dennoch eine bessere Aussicht, und ausserdem lassen
sich jene Verhältnisse auch auf den Thierbau ausdehnen, wie ich es denn gelhan habe. Nur bedarf
die Beobachtung hier überhaupt einer grösseren Feinheit und Schärfe, um nicht auf dem schlüpfrigen
Boden auszugleiten, worauf man sich immer bewegt, sobald man sich mit der Lösung des Problems
von der Verbindung der subjeetiven mit der objectiven Natur, mit dem Sitze unserer Gedanken und
Gefühle beschäftigt. Ich befand mich daher öfters in der Notwendigkeit, neue, schärfere Methoden
aufzufinden und anzuwenden, um jene feineren Physiognomieen herauszufinden, welche Alter oder
Geschlecht dem Schädel wie dem Hirne aufdrücken.

Am constantesten wird das Alter seine Eigenthümlichkeit bewahren, schon weniger das Geschlecht
und noch weniger die Ra^e. Das Kindesalter bietet in jedem einzelnen Falle seinen spe-


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