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seiner Untersuchungen in philanthropischem Sinne den Satz aufstellte, dass die Neger keineswegs eine
Schädelhöhle von geringerer Geräumigkeit besitzen, als die Europäer oder die Völker anderer Men-
schenracen, so hat schon Carus l) nicht nur aus dessen eigenen sorgfältigen Tabellen das Entgegengesetzte
gefolgert, sondern auch mit Recht geltend gemacht, dass, um aus der Grösse des Gehirns
auf die Stufe des geistigen Lebens einen richtigen Schluss zu ziehen, es nicht allein auf die
Grösse des gesammten Gehirns, auf die Geräumigkeit der ganzen Schädelhöhle ankomme, sondern
noch mehr auf die Grössenverhällnisse der verschiedenen Schädelwirbel. Ja, ich setze hinzu, auch
hei diesen drei Ilauplbezirken wird man, je mehr man in die psychischen Einzelnheilen eindringt, nicht
stehen bleiben, sondern zu den G all 'sehen Organen und in das feine Detail der Ilirnstruklur und
Textur getrieben werden.
So sehr ich also nun hierin mit Carus übereinstimme, so ist doch sowohl er als auch Morton
zum Behufe der Ausmessung der Schädelwirbel bei den offenbar ungenügenden linearen Ausmessungen
sieben geblieben; denn des Letzteren „Gegenden" des Schädels, die er nach Kubikzollen mit
Pfefferkörnern ausgemessen hat, sind als keine natürlichen Abschnitte des Schädels anzuerkennen
2). Dies kann sonach ebenfalls nicht genügen, sondern auch für die einzelnen natürlichen
Abiheilungen der Schädelhöhle mussle eine kubische Methode aufgefunden werden, wie für die
Gesammlmessung derselben.
Wie ich für lineare Untersuchungen dies versucht, für die Flächenmessung durch Trianguli-
rung es ausgeführt habe, so will ich hier die neue Methode für die kubische Messung, deren ich
mich zu bedienen pflege, miüheilen.
13 Um die Schädelhöhle genau zu füllen, habe ich statt obiger Sloffe, welche übrigens alle unter
Umständen, die eine bessere Methode verhindern, brauchbar sind, als das Zweckmässigste Wasser
gefunden. Thcils verunreinigt es den Schädel nicht, wie der Talg, theils hat man die grosse Bequemlichkeit
bei diesem überall zu habenden Stolle, dass, da bei 4,1°C. 1 Grmm. Wasser = 1 Cub.-Cent.
Wasser ist, man (was genauer und bequemer zugleich ist) wägen statt messen kann, dennoch aber
zugleich das Volum ohne alle Berechnung in dem erhaltenen Grammengewicht bekömmt. Es liegt
ein grosser Mangel beim Gebrauch des Sandes, Hirsens, Pfeffers darin, dass man ihn nicht nur
sorgfältig zusammenrütteln muss, damit sich die Körner in gleich spezifischer Dichtigkeit an einander
legen, was auf vollkommen gleiche Weise schwerlich zu erwarten ist, vor Allem aber, dass man sie
entweder wägen muss — wie Tie de mann es, offenbar der grösseren Genauigkeit wegen, gethan
hat — dann aber weder das Volum, noch auch das richtige Gewicht des Schädelinhaltes erhält und
bloss die so gewonnenen Resultate an verschiedenen Köpfen mit einander vergleichen kann. So hat
Tiedemann weder angegeben, in wie weit er den eingefüllten Hirsen zusammengerüttelt habe, noch
auch das specifische Gewicht seines Materials beigefügt, woraus man durch llechnung das Volum des
Schädclinhallcs allenfalls hätte finden können. Seine Bestimmungen lassen unter diesen Umständen
nur eine Vergleichung unter einander zu, aber weder mit den vielen fremden Volums- und Gewichts-
Bestimmungen des Hirns, um das es ja doch eigentlich zu thun ist, noch selbst mit seinen eigenen
Iii rn wägungen.
Um diesem Uebelstande zu begegnen, habe ich auch wohl entweder das specifische Gewicht meines
Materials bestimmt oder den Schädel mit Talg ausgegossen, ihn aber vorher mit Gummiwasser
1) Grundzüge einer neuen und wissenschaftlich begründeten Cranioskopie. Siutlg. 1841. S. 13.
2) Er hat eine ,,vordere Kammer, hintere Kammer, Coronalgegend und Subcoronalgegend" gemessen. Jene
sind senkrechte Abiheilungen, diese wage rechte. Unter vorderer Kammer versieht er nicht etwa die Höhle des
Stirnwirbels, sondern den Raum, welcher vor einer am vorderen Rande des foramen magnum senkrecht gegen die Ebene
der Coronal- und Subcoronalgegend errichteten Ebene liegt, unter hinterer Kammer den Raum hinter ihr. Jene wird
gewonnen durch Pfefferkörner, womit er die Schadelhöhle bis zum Niveau jener Ebene füllt, diese durch Abzug der vorderen
Kammer von der Kapacität der ganzen Schadelhöhle. Die Coronalgegend ist der obere Theil der Calotte oberhalb dem
Niveau der Stirn- und Scheitelhöcker, die Subcoronalgegend ist der Raum unter dieser letzten horizontalen Ebene und
ihr Inhalt wird gewonnen durch Abzug des Inhalts der Coronalgegend von der Gesanimtcapacitat der Schädelhöhle.
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