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Linie, eine Art Raphe, zeigt hier ihre Verwachsung an. Wie die Seitenstränge als Pyramiden an
die vordere Fläche des Markknopfes hervorbrechen, so treten demnach an diese Fläche hier auch die
hinteren Stränge, und es geht also eine vollkommene Kreuzung vor sich, so dass, was vorn lag,
nach hinten ([oben), was hinten und seillich lag, an die vordere Fläche gelangt. Die vordere Fläche
des Froschcerebcllum ist übrigens weiss, und bekömmt ihre Fasern von einer anderen Quelle. — Durch
Behandlung mit Chromsäure tritt obiger Verlauf ganz besonders deutlich hervor, da die hinteren Stränge
weiss bleiben, die anderen dagegen eine gelbliche Färbung annehmen. Blattmann's Seilenstränge,
die nach ihm in die Vierhügel treten, sind wahrscheinlich die um den Markknopf herumgeschlagenen
und dann nach dem grossen Hirn weiterziehenden hinteren Stränge. Die Vierhügel, nicht das kleine
Gehirn, nehmen daher zuletzt die sensitiven hinteren Stränge auf.
Nachdem ich diese Skizze der Hirnmetamorphose aus den Elementen des Rückenmarkes vorausgeschickt
habe, wird sich darauf ein wissenschaftliches Fundament für die Windungen des grossen
Gehirns aufrichten lassen.
Das grosse Gehirn zerfällt zunächst in die zwei paarigen grossen Abtheilungen, welche vordere
und hintere Hirnlappen genannt werden. Jener entspricht dem Stirnwirbel und ihm gehört zugleich
der Streifenhügel an als correspondirendes Hirnganglion, wenn er auch nur mit seinem
kleinsten vorderen Theile im Slirnwirbel selbst liegt , vielmehr mit seinem Körper und Schwänze sich
durch den Scheitelwirbel hindurch erstreckt. Der hintere Lappen aber correspondirt dem Schei-
telwirbel, bildet sonach das Scheitelhirn und besitzt als Hirnganglion den Sehnervenhügel (und
Vierhügel).
Alle Fasern der Hirnschenkel treten nun aber lediglich aus den Str eif enhü geln und den
Seh bügeln in die Hemisphärenmasse ein, mögen sie ohne Weiteres jene grauen Massen durchsetzen
oder daselbst, netzartig sich verästelnd, enden, um dann, gewissermaassen neu entspringend,
an der äusseren Wand dieser Ganglien wieder zu erscheinen (13 ur dach, Kölliker, Wagner).
Die Vier hü gel dagegen entsenden unmittelbar in die Hemisphären bekanntlich keine Fasern,
sondern schicken sie erst durch das Polster in die Masse der Seh hü gel und sind wesentlich Durch-
gangspunkle nach denjenigen Hirnganglien hin, welche in directer Beziehung zu den Hemisphären
stehen. Sie sind das Mittelhirn niederer Wirbelthiere, das bei den höheren Klassen immer unbedeutender
wird. Nach ihrem Vierhügeltypus aber entwickeln sich auf ihre Kosten jetzt auch vier
höhere Hügel als Seh- und Slreifenhügel im Vorderhirn, das jetzt zugleich ihre Rolle übernimmt, so
dass sie fast nur noch das indifferente Bindeglied zwischen Hinterhauptshirn und Hemisphären darstellen
, durch ihre Wirkung auf den Gesichtssinn den Sehhügeln verwandt und durch ihre motorischen
Eigenschaften dem Cerebellum.
Bei der Untersuchung und Classification der Windungen handelt es sich also nur um Seh- und
St reife nhügel und deren Strahlungen. Nur aus ihnen gehen im Menschen die Hemisphären hervor.
Sonach giebt es auch nur Windungen der Streifenhügel und Windungen der
Sehhügel, keine Windungen der Vierhügel, wenn diese auch sonst mit der Entstehung und Bildung
der Sehhügel innig zusammenhängen.
Wenn nun das Skelet der Windungen aus der Hirnschenkelfaserstrahlung mit ihrer blattförmigen
Anordnung besieht und nach deren Anordnung sich gliedert, so hängen die Windungen des Stirnhirns
CVorderlappens) mit dem Slreifenhügel und durch ihn wieder mit dem Fusse der
Hirnschenkel und folglich mi( den Pyramiden, demnach aber auch wesentlich mit den Seitensträngen
des Rückenmarkes zusammen. Sie verdienen also den genetischen Namen der Windungen
der Seitenstränge, Pyramiden oder Slreifenhügel.
Die Windungen des Scheitel- und Zwischenscheitelhirns CHinlerlappen) hingegen
entstehen aus den Marksträngen, die aus den Sehhügeln hervortreten, hängen also genetisch wieder
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