http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/huschke1894/0163
151
an einem anderen Orte gezeigt habe, durch Umschlag nicht nur als die die Augenkammern auskleidenden
Serosa und Epilhelialschicht, sondern auch als Glashaut und Glaskörper, zu den mit Humor vi-
treus und aqueus gefüllten Apparaten, deren Anfüllung mit diesem thierischen Wasser sogar eine un-
erlässliche Bedingung ihrer Thätigkeit ist. Dasselbe geschieht am Ohr. Sein hartes Labyrinth
ist mit einer Fortsetzung der Arachnoidea ausgekleidet und mit Serum (Cotunnischem Wasser) gefüllt,
ohne welches die akustische Wirksamkeit des weichen Labyrinths nicht möglich wäre. Beides also,
wie das Hirn und Rückenmark, physiologisch nothwendig wassersüchtige Organe!
Die Säugelhiere sind noch mit Hirnwasser versehen, aber in geringerem Grade, Vögel und Amphibien
gar nicht. Ihr Hirn liegt entweder genau an der Innenfläche des Schädels an oder es hat
wenigstens nicht ein so bewegliches Serum um sich, sondern mehr eine fettige Sülze, die sich
nicht vor- und rückwärts bewegt (Tische).
Nimmt allerdings die Menge des inneren (in den Ventrikeln befindlichen) Hirnwassers von der
ersten embryonischen Zeit an ab, so nimmt dagegen antagonistisch das äussere (an der Oberfläche der
Ncrvencenlra befindliche) Hirnwasser verhältnissmässig zu, in dem Verhältnisse, als die Hemisphären
und Windungen an Bedeutung und Umfang gewinnen. Abzapfung desselben macht Apathie und Verwachsung
der Arachnoidea wird von Störungen des Hirnlebens begleitet vielleicht in noch höherem
Grade, als eine Verwachsung anderer seröser Häute die Thätigkeit ihrer Eingeweide stört.
Jedoch giebt es ohne Zweifel Stellen auch am menschlichen Gehirn, wohin es nicht dringt. So
zeigen wahrscheinlich zum Theil deshalb die Schädelknochen nicht überall gleich scharfe und tiefe
Abdrücke der Windungen und Furchen des grossen Gehirns, wie namentlich nicht die Mittelgegend der
Calotte, während Seiten und Grundfläche der Schädelhöhle scharf ausgeprägte juga und impressiones
haben (OVugenhöhlendach, grosse Flügel, Schuppe, Felsenbein, unterer Theil der Scheitelbeine, fossa
cerebri des Zwischenscheitelbeins), wobei freilich der Druck mitwirken mag, wie denn auch die Pia
mater an der Unterfläche des Gehirns selten so verdickt wie oben angetroffen wird.
An der Aussenfläche des unteren Wurms des kleinen Gehirns steigt das Hirnwasser in einen nach
oben, etwa in der Gegend der kurzen Querbänder, blindgeschlossenen Sack der Spinnengewebehaut
herauf und berührt also nicht den oberen Wurm. Dagegen umspült es Brücke und Markknopf. • Oeff-
nct man die Schädelhöhle gefrorener Leichen, so findet man beide ganz umgeben von Eisscherben,
die sich dann an den Seiten der Vierhügel heraufziehen, dagegen keine am Cerebellum, besonders an
den Hemisphären. Am grossen Hirn sind alle seine Höhlen mit Eis gefüllt. Berührt das Hirnwasser
also bei niederen Thieren nur die inneren körperlichen Centra des Gehirns, das Centralgrau, so scheint
es bei den Säugethieren und dem Menschen, auch dem psychischen, peripherischen Grau zu dessen
vollem Leben nothwendig zu seyn.
Mit der Menge dieser Flüssigkeit und ihrer verschiedenen Anhäufung hängt es nun zusammen,
warum die kubischen Messungen der drei Schädelwirbel nicht genau mit den Wägungen ihrer re-
spectiven Hirnabschnitte übereinstimmen. Vielmehr ist der Scheilelwirbel viel besser bedacht, als das
Scheitelhirn, wenn dessen Gewicht mit den beiden anderen Abiheilungen procenlisch verglichen wird,
wie folgende Zusammenstellung es anschaulich macht. Es verhält sich nämlich bei
Mann Frau Kind
der Inhalt des Scheitelwirbels zum Stirnwirbel wie 81,6 : 18,4g- 82,6 : 17,4g 85,3 : 14,7g,
das Gewicht des Scheitelhirns zum Stirnhirn wie 75,0 : 25,0g 75,5 : 24,5g 81,5 : 18,5g.
6^T ~TA% "W
Aus dieser Vcrgleichung ist ersichtlich, 1) dass die Differenz zwischen dem Inhalte des Scheitelwirbels
und dem Gewicht des Scheitelhirns bei beiden Geschlechtern ziemlich dieselbe ist, nämlich
G — To , beim Kinde hingegen nur die Hüllte £3,8<T), so dass also wahrscheinlich die durch das Hirnwasser
herbeigeführte Hirnbewegung nur die Hälfte so stark seyn möchte, als beim Erwachsenen,
das Gehirn den Schädel glcichmässiger ausfüllt und das Hirnwasser nicht in dem Umfange und Grade
sich bewegt, auf- und absteigt : 2) dass man bei Messungen von Schädelhöhlen ungefähr so viel Pro-
38*
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/huschke1894/0163