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wir aber das oben gefundene Ergebnis im Auge, so sehen
wir, dass. es sich anderswo nur um eine Polemik gegen
eine bestimmte Art der Nachbildung handelt.
Im II. Buche des Staates (pag. 377 ff.), wo von
den Wächtern des Staates die Rede ist, kommt das Gespräch
auf die Dichtkunst und auf die von den Dichtern
gemachten Fabeln. Es muss, so wird gesagt, hier eine
scharfe Trennung zwischen guten und schlechten vorgenommen
werden. Letztere müssen schonungslos von
den zu erziehenden Kindern fern gehalten werden. Selbst
eine gewisse Pietät den alten Dichtern, und speziell Homer
gegenüber, darf hiervon nicht zurückhalten. Dass hier,
so wie im ganzen Dialog, gegen zeitgenössische Sitten
und Bräuche polemisiert wird, geht schon gleich daraus
hervor, dass Sokrates sagt: von den Mythen, welche
jetzt erzählt werden, sind die meisten zu verwerfen
(Staat 377 C). Zu diesen schlechten gehören an erster
Stelle die sogenannten unwahren, in denen die Gottheit
als nicht gut, oder als die Urheberin des Bösen, oder als
die Menschen täuschend dargestellt wird. Zwar kann
eine Täuschung den Feinden oder Wahnsinnigen und
Unverständigen gegenüber unter Umständen nützlich sein,
oder man kann sich, da man nicht weiß, wie sich frühere
Begebenheiten in Wahrheit verhalten, in diesem Falle
mit einem Bilde aushelfen, aber alles dieses bezieht sich
auf Menschen und es gibt schlechterdings nichts, um
dessentwillen die Gottheit täuschen sollte (Staat 382 D).
Im Anfang des III. Buches werden die Beispiele
von dem, was aus der Poesie zu entfernen sei, weiter
fortgeführt. Alles, was Todesfurcht einflößen könnte
und was gegen Mäßigkeit und Besonnenheit verstößt,
darf nicht vorgeführt werden (Staat 386 ff.). Ebensowenig
darf ausgesprochen werden, dass je Ungerechte
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