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und nur selten Geschlechtstrieb, Trunkenheit oder einen zufälligen
Fehltritt darstellen und nie anders als im Scherz
mimetisch verfahren, wenn es sich um Sachen handelt,
di^ er als ganz verwerflich betrachtet. Der Schlechte
dagegen wird nichts seiner unwürdig erachten, so dass er
ernstlich und in vieler Gegenwart Donnerschläge, Lärm
von Sturm, Hagel und Wagen, von Flöten und andern
Instrumenten, ja sogar Hunden, Schafen und Vögeln in
Stimme und Gebärde nachahmen wird (Staat 397 A. B).
Die „Vögel" sind an dieser Stelle wohl nicht ohne
Bedeutung. Wir befinden uns wieder ganz auf polemischem
Gebiet und brauchen nicht weit zu suchen, auf
wen dieses gemünzt sei.
Nun werden auch der Reihe nach die musikalischen
Formen, Harmonie und Rhythmos, und selbst die Musikinstrumente
kritisiert. Auch hier bleiben uns diejenigen
Harmonien übrig, welche den tapfern Mann in irgend
einer Lebenslage darstellen können (Staat 399 B). Bei
den Rhythmen ist weniger leicht zu entscheiden als
bei den Harmonien, welche zu den verschiedenen Lebenslagen
passen. Plato schützt hier ungenügende Kenntnis
der verschiedeiien Arten der Rhythmen vor, damit
er den Vergleich vom Speziellen auf das Allgemeine
überleiten kann. Die Anständigkeit und Unanständigkeit
(sDcr/7!|ioa6v7j und ao)Oj[Jioo6v7]) hängen auf alle Fälle von
dem Rhythmischen oder Unrhythmischen (to söpoxty.ov %ai
appoi>[JLov) ab, letztere folgen aber dem schönen oder
hässlichen Sprachausdruck, in dem sie sich ihm anbilden.
Der Sprachausdruck hängt aber seinerseits wieder von
der Gesinnung der Seele ab. Wohlredenheit (eoXo^a),
richtige Harmonie (eoapjiooua), Anstand (eoayjjjxoaovy))
und schöner Rhythmos (sopufrjjia) sind also alle die Folgen
der schönen Gesinnung der Seele (eD^sia). Aber nicht
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