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einem derartigen Grunde. Aristoteles polemisiert nicht
so wie Plato gegen eine bestimmte Kunstrichtung und
stellt deshalb die Tatsachen objektiver dar. Trotzdem
aber stimmt diese Aeußenmg wesentlich mit dem überein
, was wir im Staat gesehen haben, wo (601 A)
gesagt wird, dass der schlechte Maler einen Gegenstand,
den er nicht genau kennt, für ungebildete Leute nachahmt,
die ihn ebenfalls nicht kennen und also bloß Ix zm XPW_
[AocutöV Se xpcl ay_7](J.auov ■9-siopoöatv.
Auch der zweite in der menschlichen Natur liegende
Trieb, welcher Ursache der Poesie ist: die Empfindung
für Rhythmus und Harmonie, kennen wir aus Piatos Gesetzen
, und zwar sind diese beiden bei ihm als Formen
der miiq definiert (653 E w [j.sv ouv aXXa Cwa oox syeiv
alaQ-Yjaiv tcov ev ici.lq xiv7]asot td^stov ooSs ata^tSv, oiq Stj
po^o? övojxa %ax apjiovux).
Dass nun die miiq Ursache des Schönen sei, entspricht
, wie aus dem was folgt hervorgeht, auch Aristoteles
' Meinung. Nachdem (Poetik 5, 6) die Charaktere
der Tragödie und der Komödie besprochen worden sind,
werden (1450 a 9) die sechs Bestandteile, die eine
Tragödie besitzen muss, genannt und der Reihe nach
behandelt. Schon gleich beim ersten und wichtigsten
Bestandteil, der Verknüpfung der Begebenheiten oder
der eigentlichen Fabel, sehen wir, dass diese, soll sie
schön sein, nach dem taktischen Schema aufgebaut sein
muss. Die Tragödie ist die Darstellung einer in sich
geschlossenen und ganzen Handlung, die einen gewissen
Umfang hat. Ein Ganzes nun ist, was Anfang, Mitte
und Ende hat. Anfang ist das, was nicht notwendig
etwas anderem folgt, wohl aber solcher Natur ist, dass
nach ihm etwas anderes vorhanden ist oder entsteht.
Dagegen ist Ende das, was selbst notwendig oder in
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