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sei ein Idealist; Praxiteles und Lysipp seien Realisten;
Demetrios sei ein Naturalist. Für den jetzigen Geschmak
ist dieses sicher richtig, nach dem antiken Geschmack
sind diese drei Bezeichnungen durchaus nicht tief genug.
Wenn man sagt: die erste Urteilsreihe (des Xenokrates)
stehe auf realistischem Standpunkt und betrachte von
dem aus den idealistischen Polyklet als altertümlich, die
zweite (pergamenische) dagegen werfe, vom Idealisirius
ausgehend, Demetrios seinen Naturalismus vor, so wird
man bei diesen quantitativen Unterscheidungen dem prinzipiellen
Unterschied der beiden Kunstauffassungen doch
nicht ganz gerecht. Die beiden Reihen repräsentieren eben
die entgegengesetzten Urteile solcher Künstler, die das
Schwergewicht der Kunst in die [X(|X7]ai<;, und solcher, die
es in die tä^iQ verlegen. Für die eine Partei ist Polyklet
kaum eine sehr beachtenswerte Figur, für die andere
bildet er einen Hauptmoment in der Entwicklung der
Kunst. Die einen behaupten von ihm, dass seine Statuen
quadrata seien; die andern wissen ihm nur einen einzigen
Vorwurf zu machen: dass er kein pondus habe. Was mit
letzterem gemeint sei, verstehen wir, wenn wir mit
Robert1 pondus mit (ji-fs^os übersetzen und uns daran
erinnern, was Aristoteles unter ^ere-fro? in Verbindung
mit xä.iiQ verstand. Polyklet hat bei seinen Zusammensetzungen
das richtige Größenmaß nicht eingehalten.
Dass dieses wiederum nicht buchstäblich, sondern abstrakt
aufzufassen ist, zeigt uns der folgende Satz: „denn wie
er die charakteristische Schönheit der menschlichen
Figuren weit über die Naturwahrheit hinaus gesteigert
hat (auctoritas gab), scheint er doch nicht ebenso seinen

1 Archäologische Märchen S. 52. Vgl. auch Brunn, Künstlergeschichte
S. 218 ff.


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