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Nervi optici und an den Seiten der Protuberantia ovalis mit Wasser erfüllt. Dieses Wasser füllt aber noch die Scheidenhöhle
(sinus vaginalis) des fünften Nervenpaares und den ganzen Meatus acusticus. Rings um den Stiel der Me-
dulla oblongata sieht man den Zwischenraum vom Wasser erfüllt, und so auch überall um das Rückenmark. Wenn
man dann die Dura in der Lendengegend entblösst und einen Stich in die Cauda equina macht, fliesst eine helle Flüssigkeit
(humor limpidus) heraus; in dieser Weise entleert sich nach und nach auch die Flüssigkeit, welche den oberen
Theil des Rückenmarks umgab. Wenn man statt dessen am unversehrtem Kopf die Lendenwirbel öffnet und den
Durasack einschneidet, ergiesst sich hinlänglich die Flüssigkeit; wenn aber so viel von derselben ausgeflossen hat, als von
selbst zu der eingeschnittenen Stelle hinabsteigt, und man dann den Kopf der Leiche erhebt und schüttelt, ergiesst sich
von Neuem eine reichliche Menge Wasser. Dies hatte Cotugno bei zwanzig erwachsenen Menschenleichen wiederholt
; in dieser Weise pflegte er etwa vier bis fünf Unzen Wasser zu erhalten. Dieses Wasser war bei erwachsenen
Individuen oft sehr hell und klar (limpidissima), zuweilen leicht gelblich, bei Kindern, während schweren Geburten
gestorben, immer röthlich und undurchsichtig.

Nun könnte man in Zweifel sein, ob der von der Flüssigkeit nach dem Tode erfüllte Raum während des Lebens
leer sei, oder von einem dampfigen Dunst (nubes vaporosa) oder einem geschwellten Rückenmark erfüllt sei.
Dass der Raum leer sei, ist nicht wahrscheinlich und mit den Naturgesetzen unvereinbar. Wenn während des Lebens
ein dampfiger Dunst den Raum erfüllte, sollte er so reichlich vorhanden sein, dass er condensirt nach dem Tode dieselben
Räume mit Wasser erfüllen konnte. Hierzu kommt noch, dass bei einigen Thieren, die von Cotugno lebendig
untersucht wurden, die Existenz einer solchen Flüssigkeit, welche beim lebendigen Menschen ~ zweifelhaft sein kann,
durch die Dissection bestätigt wurde. Bei lebendigen Fischen und Meerschildkröten fand Cotugno das Gehirn und
das Rückenmark von einer solchen reichlichen Flüssigkeit umgeben. Bei lebendigen Hunden und Vögeln konnte er
aber keine solche Flüssigkeit wahrnehmen, weil, wie er sagt, bei ihnen das Gehirn und das Rückenmark sowohl während
des Lebens als nach dem Tode so gross gefunden werden, dass sie der Räumlichkeit ihrer Höhlen entsprechen.
Wenn also diese Thiere sich zur Bestätigung der Existenz des gesammelten Dampfes (vapor) sich nicht eigneten,
gaben sie indessen einen guten Beweis dafür, dass das Gehirn und das Rückenmark nichts von ihrer Grösse nach
dem Tode verlieren. Die, welche es für möglich ansehen, dass beim Menschen das Rückenmark während des Lebens
geschwellter wäre und den fraglichen Raum erfüllte, mögen auch beachten, dass dadurch die aus dem Rückenmark
entspringenden Nerven wurzeln, welche in der Leiche eben durch diesen Raum frei herablaufen, beim
lebenden Menschen gefaltet und zusammengedrückt werden könnten. »Der Raum also, welcher um das Rückenmark
sich findet, ist sowohl naturgemäss und mit Wasser (aqua) erfüllt, als auch bei der Leiche von dem beim
lebendigen Menschen vorhandenen fast nicht verschieden». Zu diesem Wasser des Rückenmarks mischt sich ohne
allen Zweifel »das Wasser, welches der Ventrikel des Kleinhirns sowohl aus den grossen Ventrikeln des Gehirns
durch den Lacunar und den Aquaeductus Sylvii, als auch aus den eigenen ausdünstenden Arterien empfängt: die
lothrechte Lage des Kleinhirnventrikels, und der hinreichend offene Weg aus demselben zur Rückenmarkshöhle (via
ad spinse cavum satis patens) machen dieses Herabfliessen der Flüssigkeit zum Rückenmark offenbar»?* Die spinale
Flüssigkeit ist sogar auch in ihrer Beschaffenheit von derjenigen der Hirnventrikel nicht verschieden. Die Rückenmarksflüssigkeit
, aus den Enden der feinen Arterien exsudirt, wird durch feine inhalirende Venen wieder resorbirt
und in dieser Weise erneut. Durch Experimente hatte sich Cotugno überzeugt*), dass an der inneren Fläche der
Dura inhalirende Mündungen der Duravenen vorhanden seien. Er hatte nämlich gesehen, dass Quecksilber innerhalb
der membranösen Cavität des Aquaeductus vestibuli injicirt, und aus dieser in die feinen Venen der Dura mater
getrieben, an mehreren Stellen der inneren Oberfläche der Dura exsudirt wurde. Ausser der grossen Scheide des
Rückenmarks (sinus maximus vaginalis C.) werden auch für fast alle Gehirnnerven Scheiden (sinus nervorum vaginales
C.) gebildet, von welchen aber drei besonders ausgezeichnet sind. Es sind dies der Sinus opticus, Sinus paris
quinti und Sinus acusticus. Am Opticus enthält der Sinus, der oben durch eine Verlängerung der Dura entsteht,
welche durch zellulöse Fasern an den Sehnerven geheftet ist, die Feuchtigkeit der Schädelhöhle, und diese ist, was
Cotugno oft gesehen hatte, an seinein Ende, in der Nähe des Auges, angesammelt. Der Sinus paris quinti wird
von der Dura mater gebildet, wo sie durch das grosse ovale Loch den Stamm dieses Nerven empfängt, und er lässt
ihn innerhalb seiner Cavität bis zum Anfang der drei Zweige frei verlaufen. Den Sinus acusticus endlich enthält
der entsprechende gemeinsame Nervencanal. Alle die Sinus enthalten die Nerven wie innerhalb Scheiden, und diese

*) De aqtiagductibus auris liumanse internae. Viennge 1774.


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