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Henle *) bezeichnet das subarachnoidale Gewebe als ein physiologisch wassersüchtiges Bindegewebe von
allerdings ungewöhnlich lockerer Beschaffenheit. Es grenzt sich nach aussen durch eine zusammenhängende, zarte,
aber doch, besonders am Rückenmark, resistente Haut, die Arachnoidea, ab. Sie berührt in der Regel unmittelbar
die innere Fläche der fibrösen Haut, wenn auch nicht bestritten werden kann, dass da und dort einmal, durch eine
Lücke der Arachnoidea, ein Theil der subarachnoidalen Flüssigkeit in den Raum zwischen Arachnoidea und fibröser
Haut gerathen mag. Die Gedrängtheit der Bindegewebsbälkchen und die Ausdehnung der areolären Räume des
subarachnoidalen Gewebes steht im umgekehrten Verhältniss zur Tiefe der Thäler, über welche die Arachnoidea
sich hinspannt, und so können stellenweise, z. B. an der hinteren Querspalte und zwischen Brücke und Hypophyse,
die Verbindungen der Arachnoidea mit den darunter gelegenen Gebilden völlig fehlen. Anderseits verdichtet sich
das areoläre Gewebe hier und da zu einer festen undurchbrochenen Scheidewand, welche den subarachnoidalen Raum
in gesonderte Kammern abtheilt. Eine solche Scheidewand zieht sich öfters in frontaler Stellung von den Corp.
candicantia zur Arachnoidea herab. Das hydropische Gewebe verdichtet sich auch nach innen, an der Grenze gegen
die Nervensubstanz zu einer Membran, die sich von der äusseren dadurch unterscheidet, dass sie die dichten Verzweigungen
der Arterien und Venen enthält. Diese Schicht ist die Gefässhaut, Pia mater. Zu den derberen Lamellen
des hydropischen Bindegewebes gehört auch das Lig. denticulatum; die Zahl seiner Zacken wechselt zwischen 20
und 23; die oberste befindet sich am Hinterhauptsloch, die unterste zwischen dem letzten Brust- und dem ersten
Bauchwirbel. Die Subai achnoidalräume, wegen des nachgewiesenen Zusammenhanges mit Lymphgefässen, mit Lymphräumen
zusammenzustellen, hält Henle für missbräuchlich, da der fast rein wässerige Inhalt derselben keine Aehn-
lichkeit mit Lymphe hat. An der hinteren Spitze des Sinus rhomboideus schliesst sich die Gefässhaut mit einer
scharfen Querfalte ab und erhebt sich von beiden Seitenrändern desselben, um sich als Decke frei über ihm auszuspannen
. Die hintere Querfalte hüllt den Obex ein; in die Decke, die Tela chorioidea cerebelli, dringt von beiden
Seiten mehr oder minder weit der Ponticulus vor. Oefters schliesst sich unmittelbar an die Obexfalte noch eine
schmale Brücke der Gefässhaut, in welche ebenfalls einige Nervenfasern einstrahlen. Zwischen dem Obex oder dieser
Brücke, wenn sie vorhanden ist, bleibt eine querspaltförmige Lücke, der eigentliche Eingang des vierten Ventrikels
(Foramen Magendii Luschka), durch welchen dem subarachnoidalen Serum der Zutritt zum vierten Ventrikel
offen steht. An manchen Gehirnen wird diese Lücke etwas verengt durch einen niederen gefässreichen Saum,
der sich längs dem hinteren Rand der Ala cinerea von der Obexfalte zur Tela chorioidea erstreckt. Das Foramen
Monroi wird wahrscheinlich durch den lateralen Plexus chorioideus, wenn er im bluterfüllten Zustande sich
befindet, ausgefüllt.
Betreffs der Textur der weichen Hirnhaut sagt Henle, dass in der äusseren und inneren derberen Schicht
die Bündel meist parallel nebeneinander geordnet liegen; in den schmalen Spalten zwischen denselben kommen nur
sehr feine elastische Fasern, dagegen häufig, namentlich in älteren Leichen, Pigmentzellen vor. Die Bündel, welche
frei den subarachnoidalen Raum durchsetzen, sind von zweierlei Art. Die Einen, es sind vorwiegend die feineren,
sind von ring- und spiralförmigen elastischen Fasern umwickelt und erhalten, wenn man sie quellen macht, durch
die von diesen Fasern bewirkten Einschnürungen, ein bauchiges Ansehen. Die Anderen haben eine Scheide, welche,
wie die Behandlung mit Silberlösung lehrt, aus glatten Epithelzellen besteht, eine Scheide, die sie überhaupt am
Aufquellen hindert und nur dadurch, dass sie stellenweise einreisst, unregelmässige hernienartige Ausbuchtungen zu
Stande kommen lässt. Henle bemerkt, dass er früher Bündel abgebildet habe, die die umspinnenden Fasern innerhalb
der Epithelscheiden zeigen mögen, und will desshalb die Meinung nicht theilen, welche Leber in Betreff der gleichen,
die beiden Opticusscheiden verbindenden Bündel ausspricht, dass nämlich die Epithelscheiden, indem sie sich durchlöchern
, allmählig in umspinnende Fasern übergehen. Ebenso wenig konnte er, nach erneuten Untersuchungen, die
von Schwalbe behauptete Beständigkeit dieser Scheiden zugeben. Die Zellen der subarachnoidalen Bündel gehen auf
die Bälkchen über von der inneren Fläche der Arachnoidea, die sie ebenso wie die äussere überziehen. Von den
Bälkchen setzen sie sich auf die freien Strecken der Gefässhaut fort, und so lässt sich behaupten, dass ein Epithelium,
dem der serösen Häute ähnlich, der Regel nach ebenso den leeren Raum zwischen fibröser Haut und Arachnoidea,
wie die Serum erfüllten Lücken des Subarachnoidalraums auskleidet und nur den feineren Bälkchen fehlt, an welchen
es durch Spiralfasern ersetzt wird. Die innerste Schichte der Gefässhaut beschreibt Henle nach seiner früheren,
zusammen mit Merkel gegebenen Darstellung (s. o.). Ebenso hält er an ihrem, an der Kleinhirnoberfläche geschilderten
) Handbuch der systematischen Anatomie des Menschen. Bd III. 1871.
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