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Bei Stichinjection unter der Piaischeide injicirte er in den den Sehnerven durchsetzenden Bindegewebszügen zahlreiche
spaltförmige Räume, andererseits aber die Masse auch frei in capillaren, die Nervenfaserbündel umhüllenden
Spalträumen. Ein grösserer Spaltraum lässt sich unter der Piaischeide nachweisen, und soll er dem epicerebralen
Räume von His entsprechen. In der Lamina cribrosa füllt sich hierbei auch ein reichliches Netz. Die Injections-
masse tritt an manchen Stellen durch die Piaischeide in der» Subarachnoidalraum hinaus, so dass das ganze System
zusammenhängend ist. Ferner gelang es auch Schwalbe beim Einstich unter der Piaischeide Bahnen in der Retina
zu injiciren; es füllten sich nämlich dabei die schon von His gefundenen perivasculären Räume um die Capillaren
und Venen, sowie auch von der Papilla nervi optici aus in radiärer Richtung die Zwischenräume zwischen den Bündeln
der Nervenfasern; endlich wurde dabei auch ein schalenförmiger capillärer Raum zwischen Membrana limitans
interna und Hyaloidea injicirt; die Masse dringt auch häufig zwischen Pigmentschicht und Stäbchenschicht ein.
Von dem Netzwerk von Fasern, die oft in verschiedener Richtung und Anzahl die Fibrillenbündel der Sub-
arachnoidalbalken umspinnen, gaben wir1) eine Beschreibung, mit besonderer Rücksicht auf das Verhalten derselben
zu der diese Balken einhüllenden Zellenscheide. Wenn man frische Balken untersucht, kann man oft nicht
die geringste Querstreifung an ihnen wahrnehmen; in anderen Fällen erscheint unmittelbar unter der Balkenscheide
eine schwache solche, in anderen aber ist dieselbe so deutlich hervortretend, dass man in ihr wirkliche, mehr oder
weniger feine, in verschiedener Anzahl circulär, bisweilen aber auch etwas schief um das Bündel verlaufende Fasern
unterscheiden kann. Bei Zusatz von Essigsäure schwellen die Balken schnell an; die schon vorher beobachteten
Cirkulärfasern treten schärfer hervor, mehr oder weniger deutliche Einschnürungen an den Balken verursachend.
Die umspinnenden Fasern bilden bald Ringe, bald Spirale, bald anastomosirende Netze um die Balken. Sie schwellen
nicht merkbar in Essigsäure, stimmen daher mit elastischen Fasern überein. Wenn die Balken Netzwerke und
mehr oder weniger durchbrochene Häutchen bilden, können sie auch von derartigen Fasern umsponnen sein. Man
findet aber nicht eben selten Balken, die derselben, wenigstens streckenweise, entbehren. In anderen Fällen treten
sie durch Essigsäure hervor, obgleich sie vorher nicht wahrnehmbar waren. Nach Erhärtung der frischen Balken
in Ueberosmiumsäure werden die umspinnenden Fasern oft etwas deutlicher. Bisweilen sind sie recht grob und
zeigen hier und da Ausbreitungen. Die einzelnen von umspinnenden Fasern und Zellenscheiden umgebenen Balken
können ausserdem auch, zu dickeren Bündeln vereinigt, von einer gemeinsamen Fibrillenlage und einer derselben
äusserlich bekleidenden Zellenscheide umschlossen sein; bisweilen findet man sie von einem verzweigten umsponnenen
Balkennetz umgeben.
Ausser diesen von elastischen Fasern umsponnenen Balken kommt aber auch in dem Subarachnoiclalgewebe
der Basis des grossen und kleinen Gehirns, an der Varolsbrücke und am verlängerten Mark eine andere Art von
Balken vor. An diesen Balken sind nämlich die Bündel rings um von einer dicken, hellen und homogenen Masse
umgeben, in welcher man körnchenförmige optische Querschnitte feiner, die Bündel in mehr oder weniger zahlreichen
Schichten umgebenden Fibrillen wahrnimmt. Wenn man die Oberfläche der Balken betrachtet, sieht man diese
Fibrillen als eine dichte Querstreifimg. Man kann diese Masse als eine eigentümliche ))Fibrillenscheide» der Balken
auffassen. Ihre scharf begrenzte Oberfläche ist mit einer Schicht von Häutchenzellen bekleidet, welche mit einer
Protoplasmazone umgebene Kerne haben. Dieses Häutchen löst sich wie gewöhnlich sehr leicht ab. Die Fibrillen-
scheide ist von sehr wechselnder Dicke, sowohl an verschiedenen Balken als auch an verschiedenen Stellen desselben
Balkens. Die Fibrillen gehen gewöhnlich circulär, zuweilen aber spiralig um die Balken, zuweilen sind sie längsgehend.
Wenn die eigentlichen elastischen Fasern an demselben Balken vorkommen, liegt die Fibrillenscheide ihnen auswendig
an. Bei Essigsäurezusatz hindert die Fibrillenscheide die Anschwellung des Balkens; ihre eigenen Fibrillen schwellen
auch nicht, werden aber gewöhnlich ein wenig blasser und undeutlicher. Balken mit Fibrillenscheide bilden theils
ganze zusammenhängende Netze, theils finden sie sich auch unter den anderen Bindegewebsbalken, Netze mit
ihnen bildend.
In der jüngsten Zeit hat Hitzig 2) durch Untersuchungen an Hunden sich überzeugt, dass während des Lebens
eine nicht geringe Menge von Flüssigkeit im Duralsäcke (Subduralraume) vorhanden ist, welche Flüssigkeit indessen
nach dem Tode aus diesem Räume verschwindet, indem eine Imbibition in das Gehirn vor sich geht, welche
»wesentlich durch den von demselben auf das Wasser ausgeübten Druck bedingt wird)).
J) Axel Key och Gustaf Ketzius: Nord. Med. Arkiv. Bd VI. N:r 7, v. 1874. 2) Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche
Medicin. Jahrg. 1874. Heft. 3. — Erst während des Druckes unserer Arbeit erschienen.
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