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wir diese Angaben Schwalbes; wir fanden daneben, dass auch die oberflächlicheren Lymphdrüsen des Halses injicirt
werden konnten, ferner dass Lymphgefässe auch durch den Canalis caroticus ausgingen; auch erhielten wir oft
Füllung eines Lymphstammes im Gesicht, welcher von der Orbitalgegend vor dem Masseter herablief. Von dem
Lymphgefässnetz in der Nasenschleimhaut, dessen Natur wir durch Doppelinjection in den Blutgefässen ausser allen
Zweifel setzten, erhielten wir das Lymphgefässnetz des Gaumens reichlich injicirt in Zusammenhang mit den oberflächlichen
Halslymphdrüsen. Quincke fand bei Zinnoberinjection an lebenden Thieren (von dem Subduralraum und
von den Subarachnoidalräumen aus) den Farbstoff in der Arachnoidalscheide der Carotis an ihrer Austrittstelle aus
dem Sinus cavernosus wieder, ferner in der Rindensubstanz des hinteren Theils der grossen cervicalen, einigemal
auch in den submaxillaren Lymphdrüsen. Auch Michel bekam, bei seinen Injectionen vom Subduralraum des Gehirns
aus, Füllung der Lymphgefässe und tiefen Lymphdrüsen des Halses sowie der Lymphgefässe der Geruchschleimhaut.
Betreffs des Verhaltens des Subduralraums zu den abgehenden Nerven findet man zwar, dass die älteren. Verfasser
angeben, dass die Dura mit den Nerven scheidenförmige Verlängerungen sendet; dass aber der Raum selbst
zwischen Dura und Arachnoidea mit diesen Scheiden sich fortsetzt, scheinen sie nicht angenommen zu haben. Erst
bei Cotugno findet man mit Hinsicht auf den intracraniellen Verlauf der Gehirnnerven eine sehr richtige Auffassung.
Er sagt, dass die Dura für fast alle Gehirnnerven Scheiden (Sinus nervorum vaginales) bildet, welche von der Flüssigkeit
der Schädelhöhle durchflössen sind und von welchen besonders der Sinus opticus, Sinus paris quinti und Sinus
acusticus ausgezeichnet sind. Im Sinus opticus sah er sogar die Flüssigkeit der Schädelhöhle an seinem Ende in
der Nähe des Auges angesammelt. Sinus paris quinti erstreckt sich bis zum Anfang der drei Zweige des Nerven.
Diese Angaben Cotugnos geriethen in Vergessenheit, ebenso wie manches Andere, was dieser ausgezeichnete Forscher
gesehen hatte. Durch die Auffassung Bichats vom Subduralraum als einen serösen Sack wurde dieser Raum am Durchtritt
der Nerven und Gefässe durch die Dura überall vollständig als geschlossen angesehen. Die scheidenförmigen
Verlängerungen, welche sie vom visceralen Blatte der Arachnoidea begleiteten, sollten sich von ihnen bald trennen,
um in die an der Dura befindliche parietale Lamelle überzugehen. Die Nervi optici und, wie er auch andeutet,
die Nervi abducentes sind nach Bichat die einzigen Nerven, welche von ihr länger begleitet werden. Die Scheide
jener setzt sich nach ihm in ihrer fibrösen Umhüllung fort und schlägt sich erst innerhalb der Orbita auf dieselbe um.
Diese Bichat'sche Anschauung von der Arachnoidea und damit auch von dem Verhalten des Subduralraums
zu den austretenden Nerven blieb, wie eben bemerkt wurde, die allgemein geltende. Die schematische Figur, welche
Fe. Aknold in Uebereinstimmung damit lieferte, wurde auch in späteren Handbüchern reproducirt. Auch die Verfasser
, welche kein parietales Blatt der Arachnoidea annehmen und die also nicht zugeben, dass die Arachnoidea durch
Reflection auf die Dura am Austritt der Nerven die^ Oeffnungen verschliesst, haben doch nichts darüber zu melden,
dass der Subduralraum um die Nerven sich fortsetzt. Sie scheinen im Allgemeinen sich vorgestellt zu haben, dass
die Nerven die Dura durchbohren und dass die Austrittsöffnungen dadurch zugeschlossen werden, dass die Dura, auch
wenn sie Scheiden abgiebt, ebenso wie die Arachnoidea, am Neurilem verwächst und mit ihm sich fortsetzt. In diesem
kannte man auch keine, für eine seröse Flüssigkeit oder Lymphe offene Bahnen. Zwar hatte schon Bogeos vor
fast fünfzig Jahren, auf Quecksilberinjectionen gestützt, eine andere Auffassung (s. unten beim peripherischen Nervensystem
), und Ceuveiliiiee schloss sich ihm an; es gelang ihnen aber nicht irgend wie Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Die Hüllen des Nervus opticus sind auch von mehreren späteren Verfassern beschrieben und abgebildet worden,
ohne dass sie, wie es scheint, daran gedacht haben, dass der Raum zwischen der sogenannten äusseren und inneren
Scheide eine Fortsetzung der serösen Räume des Gehirns sein könnte. Dass er, wie schon Cotugno kannte, mit
dem Subduralraum des Gehirns in Zusammenhang steht, wurde von Neuem von Schwalbe durch directe Injectionen
von diesem aus erwiesen, wobei er den fraglichen Raum bis zum Bulbus ebenso wie den Tenonschen Raum und den
Suprachorioidalraum gefüllt erhielt. Im Ohrlabyrinth bekam er Injection des perilymphatischen Raumes und dies
durch den Porus acusticus. Diese Resultate wurden, was das Auge betrifft, theilweise von Schmidt bestätigt, und
Fe. E. Webee erhielt vom Subduralraum aus Injection des Aquaeductus cochlese und der Schnecke, nicht aber im
Vorhof und in den halbzirkelförmigen Canälen; die Injection mit dem Acusticus geht nach ihm nicht durch die Lamina
cribrosa ins Labyrinth hinein.
Durch Injectionen sowie durch andere Untersuchungsmethoden gelang es uns zu zeigen, dass der Subduralraum
in seröse Bahnen im ganzen peripherischen Nervensystem sowohl im cerebro-spinalen als im sympathischen
bis in dessen feinste Verzweigungen sich fortsetzt. Wir zeigten, dass die Dura mater an alle austretenden
Key und Retzius. Studien in der Anatomie des Nervensystems. 16
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