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von diesen Bogenfäden durchbohrt, sondern bildet um dieselben umhüllende Scheiden, welche zur Innenfläche der Dura
sie begleiten, um hier in das bekleidende Endothelhäutchen dieser Haut überzugehen, während die Balken selbst in
die Bindegewebsbündel der Dura sich fortsetzen. Wenn man die hinüberspringenden Balken spannt, sieht man oft
sehr deutlich, wie das bekleidende Häutchen der Dura, welches unten in Zusammenhang mit der Dura selbst beschrieben
wird, am Ansatz der Balken sich trichterförmig ausbaucht. In der Regel führen die Bälkchen in ihrem
Inneren ein Blutgefässchen.
Aus der Anordnung der Balken, welche am reichlichsten im Halstheil und am stärksten und strammsten in
dessen oberen Theil sind, geht hervor, dass die Arachnoidea hier immer dicht an der Dura gehalten wird; sie kann
hier nicht in einem wesentlichen Grade einer möglicherweise im Subduralraum befindlichen Flüssigkeit ausweichen.
In der That ist ja schon die Gegenwart dieser Balken, ihre Form und Beschaffenheit ganz entscheidend für die Frage,
ob die eigentliche Cerebrospinalflüssigkeit oder wenigstens der hauptsächliche Theil derselben im Subduralraum oder
in den Räumen unterhalb der Arachnoidea liegt. Diese letzteren Räume müssen nämlich unter allen Verhältnissen
eben durch die subduralen Balken am Halstheil des Rückenmarks den grossen Subarachnoidalräumen der Hirnbasis
zunächst ausgespannt gehalten werden, während der Subduralraum hier immer eine geringe Capacität haben muss —
Verhältnisse, welche für die beständige Ebbe und Fluth, die hier in der zwischen den serösen Räumen der Gehirns
und Rückenmarks fluctuirenden Cerebrospinalflüssigkeit von grosser Wichtigkeit sein müssen.
Weiter unten am Rückenmark, besonders an der unteren Partie des Dorsaltheils und am Lumbaltheil, scheint
dagegen die Beschaffenheit und grosse Spärlichkeit der Balken eine grössere Ausdehnung des Subduralraums zuzulassen
; eine Flüssigkeit könnte hier ohne Zweifel in bedeutenderer Menge angesammelt sein. Die Balken kommen doch
hier, wie gesagt, obwohl sehr zerstreut, in der Mittellinie vom und hinten vor, woneben sie etwas zahlreicher, immer
aber nur spärlich, an den Seitenflächen sich finden; in den letzteren wird indessen die Arachnoidea an der Dura
ausgespannt erhalten, nicht nur durch die Balken, sondern noch mehr, und dies gilt für die ganze Länge des-Rücken-
marks, durch die austretenden Nervenwurzeln und ausserdem im Hals- und Dorsaltheil durch die Zacken des
Lig. denticulatum, welche sich ungefähr in der Mitte zwischen den Austrittstellen der Nerven befestigen; auch das
Lig. denticulatum selbst zwischen den Zacken trägt durch seine Beschaffenheit bei, die Arachnoidea vom Rückenmark
entfernt zu halten. Wir werden unten diese den Subduralraum durchlaufenden Zacken, ebenso wie ihr Verhalten
zu den Häuten, näher beschreiben und wollen hier nur erwähnen, dass die Arachnoidea um dieselben Scheiden bildet,
welche an der Innenfläche der Dura in ihr bekleidendes Häutchen übergehen, wodurch der Subduralraum hier vollständig
abgeschlossen wird.
Wie verhält sich nun der Subduralraum zu den ihn durchziehenden Blutgefässen und Nerven? Betreffs der
Gefässe studirt man das Verhalten am leichtesten an den Venen in der Nähe des Sinus longitudinalis. Man findet
dort, dass beim Uebergang einer Vene von der Arachnoidea zur Dura jene Haut der Dura dicht anliegt und
dass sie für die Vene rings um den Eintritt derselben in die Dura eine Hülle bildet, welche eben dort, wo die
Vene sich in die Dura einsenkt, sich dann auf die "Innenfläche der Dura umbiegt und mit continuirlichem Endothel
in das bekleidende Häutchen dieser Haut übergeht, ganz in derselben Weise, wie es an den Balken und den Zacken
des Lig. denticulatum geschieht. Der Subduralraum wird also auch hier überall, ungefähr in der Weise wie ältere
Verfasser in Uebereinstimmung mit der Bichat'schen Anschauung sich vorgestellt haben, verschlossen; indessen
wollen wir keineswegs mit ihnen von einer parietalen Lamelle der Arachnoidea reden — eine Anschauung und
Benennung von dem mit der Arachnoidea zusammenhängenden, der Dura aber angehörigen und sie bekleidenden
Häutchen, welche gar nicht beiträgt, die Vorstellungen zu klären. Die nähere Beschreibung dieses Häutchen geben
wir in Zusammenhang mit der Beschreibung der Dura selbst.
Beim Austritt der Nerven findet ein ganz anderes Verhältniss statt, als Biciiat und seine Nachfolger es sich
vorgestellt haben, und ebenso ein ganz anderes, als die Verfasser, welche die Bichat'sche Lehre nicht anerkannten,
im Allgemeinen angenommen haben. Die abgehenden Nerven, sowohl die des Gehirns als des Rückenmarks, durchbohren
weder die Dura, noch dringen sie in ihre Substanz hinein, sondern diese Haut sendet, wie schon einige, besonders ältere,
Verfasser es aufgefasst haben, mit ihnen Scheiden ab, welche wir im Allgemeinen die »Duralscheiden der Nerven» nennen
wollen; innerhalb dieser sendet aber auch die Arachnoidea Scheiden um die Nerven ab, welche wir »die Arachnoidal-
scheiden der Nerven» benennen. Zwischen dieser Dural- und Arachnoidalscheide setzt sich nun überall der Subduralraum
fort. Am leichtesten und schönsten studirt man diese Verhältnisse am Opticus des Menschen, wo die beiden Scheiden
sehr distinct bis zum Bulbus sich fortsetzen. Ebenso ist es leicht zu sehen, wie die Dura mit dem Nervus trigeminus
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