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Nachdem wir also den Subduralraum und seine Verbindungen übersichtlich geschildert haben, werden wir
jetzt zu der so vielfach debattirten Frage übergehen, ob dieser Raum unter normalen Verhältnissen eine Flüssigkeit
enthält oder nicht.

Dass die eigentliche Cerebrospinalflüssigkeit nicht in diesem Raum, sondern, wie Magendie, Ecker, Luschka,
Virchow, Henle u. A. es behauptet haben, in den Räumen unterhalb der Arachnoidea und in den Hirnhöhlen sich
befindet, ist eine so sichere Thatsache, dass kein Zweifel hieran mehr entstehen kann. Beweisend ist in dieser Hinsicht
, wie wir oben hervorgehoben haben, schon der Umstand, dass an der Hinterfläche des Rückenmarks die Arachnoidea
in Folge ihrer Verwachsungen an die Dura, nur sehr wenig von dieser Haut entfernt werden kann, während
dagegen der Subarachnoidalraum hier rings um das Rückenmark immer ausgespannt und gefüllt gehalten werden muss.
Dass man bei Leichenöffnungen keine Flüssigkeit im Subduralraum angesammelt findet, sogar unter solchen Verhältnissen,
wo die Subarachnoidalräume über die Oberfläche des Gehirns durch eine solche Flüssigkeit stark ausgespannt sind,
ist gewiss auch eine Thatsache, welche ein Jeder, der eine grössere Anzahl von Sectionen ausgeführt hat, bestätigen
kann. Gewiss wird auch ein Jeder, der diese Erfahrung hat, in die von Virchow so stark betonte Aeusserung
einstimmen, dass bei exsudativen und irritativen Zuständen in der weichen Haut des Gehirns der Erguss in der Regel
nicht, wie bei Erregungszuständen in anderen serösen Häuten, auf der Oberfläche dieser Haut (d. h. in den Subduralraum
), sondern in die Maschenräume unterhalb der Arachnoidea (d. h. in die Subarachnoidalräume) erfolgt. Man
findet also in der Regel bei jeder Section, obwohl der Schädel mit grösster Vorsicht und ohne Verletzung der Dura
geöffnet wurde, was bei einiger Uebung leicht ausgeführt werden kann, wie über den ganzen convexen Theil
des Gehirns die Arachnoidea sich der Dura dicht anschmiegt, ohne einer Flüssigkeit Platz zu lassen. Eine solche
fliesst auch nicht heraus, wenn man die Dura öffnet. Nachdem aber in der üblichen Weise das Gehirn ausgenommen
ist, findet man ebenso regelmässig in grösserer oder geringerer Menge eine Flüssigkeit an der Schädelbasis,
besonders in den Fossee cerebelli angesammelt; diese Flüssigkeit liegt dann frei auf der Dura. Dieser Umstand hat
Manche missleitet, und in älterer Zeit scheint man sogar im Allgemeinen ohne Weiteres angenommen zu haben,
dass sie wirklich von dem Arachnoidalsack selbst oder dem Subduralraum herrührte. Die geringste genauere Beachtung
der Verhältnisse zeigt indessen, dass eine solche Annahme jeder Berechtigung ermangelt. Ueber der Basis
des Gehirns, besonders über dem Pons Varolii und in der Umgebung der Medulla finden sich nämlich, wie es
seit Magendie bekannt ist, grosse Subarachnoidalräume, welche in der That viel umfangsreicher sind, als man
gewöhnlich annimmt. In der üblichen Weise ist es nicht möglich das Gehirn auszunehmen, ohne dass diese Räume
geöffnet werden, wodurch dieselben mehr oder weniger vollständig entleert werden. Schon bei der Durchschneidung
der beiden Optici werden diese Räume eröffnet, und wenn auch die über die Räume befindliche Arachnoidea
sonst geschont werden könnte, würden doch eben so viele Abflusscanäle offen gelegt wie Nerven durchschnitten
werden, da diese alle von Arachnoidalscheiden umgeben sind. Diese bei der Herausnahme des Gehirns austretende
Flüssigkeit stammt aber nicht nur aus den genannten weiten Subarachnoidalräumen, sondern auch aus den mit diesen
in offener Verbindung stehenden Hirnventrikeln, wie wir unten zeigen werden. Obwohl, diese Verhältnisse nunmehr
gar nicht zu bezweifeln sein sollten, so findet man doch, dass solche Zweifel von Neuem entstanden sind, und in der
betreff, neulich erschienenen Abhandlung von Hitzig liest man folgende Bemerkung: »Wenn die Erklärung, dass
die bei Sectionen menschlicher Leichen an der Schädelbasis gefundene Flüssigkeit lediglich aus dem durch die Säge
zerrissenen Gewebe der Pia ausgeflossen sei, richtig wäre, so würde man ja dieses Ausfliessen aus der' erst nach
vollkommener Freilegung verletzten Gefässhaut des todten Hundes sehen müssen». Dieser Einwand ist indessen
von keiner Bedeutung. Die fragliche Flüssigkeit rührt unter gewöhnlichen Verhältnissen nur zu einem sehr geringen
Theil von den Verletzungen her, welche bei der Aufsägung des Schädels der »Pia» der Convexität des Gehirns zugefügt
wurden, grösstentheils stammt sie dagegen aus den grossen basalen Subarachnoidalräumen, welche bei dem Herausnehmen
, ja sogar schon bei Erheben des Gehirns zerrissen werden; man braucht in der That nur ein einziges Mal
genau nachzusehen, wie es beim Ausnehmen eines Gehirns vor sich geht, um sich von der Richtigkeit dieser Thatsache
zu überzeugen und um zu sehen, wie die grossen Subarachnoidalräume geöffnet und entleert werden. Oben
wurde angegeben, dass auch beim Eröffnen der Dura des Rückenmarks keine Flüssigkeit hervortritt, dass dagegen
die Arachnoidea sich im Loch ausspannt und gewöhnlich durch die unter ihr befindliche Cerebrospinalflüssigkeit etwas
blasig hervorgewölbt wird. Erst nach Aufschneiden der Arachnoidea fliesst die Flüssigkeit heraus. Durch dies Alles
wird nun, was sonst nicht mehr darzulegen nöthig sein sollte, bewiesen, dass die eigentliche Cerebrospinalflüssigkeit
nicht im Subduralraum sondern in den Subarachnoidalräumen sich befindet.


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