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Obwohl man also bei Sectionen menschlicher Leichen und bei todten Thieren keine Flüssigkeit im Subdural-
räum angesammelt findet, soll damit aber keineswegs verneint sein, dass eine Flüssigkeit in geringer Menge als
die Flächen befeuchtend dort vorhanden ist. Kein Verfasser hat wohl eigentlich dies leugnen wollen; die meisten
geben sogar ausdrücklich an, dass sich das wirklich so verhält. Der spiegelnde, feuchte Glanz, den die gegen einander
gerichteten Oberflächen der Arachnoidea und Dura haben, zeigt auch mit Gewissheit, dass eine äusserst dünne
Feuchtigkeitschicht dieselben auch nach dem Tode überzieht. Bemerkenswerth ist ferner, dass, wenn das Gehirn oder
die Subarachnoidalräume aus dem einen oder anderen Grund so ausgespannt sind, dass die Arachnoidea der Dura
stärker angedrückt liegt, der Glanz an den Oberflächen der Häute vermindert wird, ohne dass sonst eine besondere
Veränderung an denselben wahrgenommen werden kann. Wahrscheinlich beruht dies auf einem verminderten Flüssigkeitsgehalt
im Subduralraum. Sobald eine Flüssigkeit, wie gering sie auch sei, normalmässig in einer Höhle des Körpers
vorhanden ist, ist es selbstverständlich, dass sie während des Lebens einer Erneuung unterworfen ist und dass eine
beständige Secretion und Resorption dort stattfindet; das eben ist hier der Fall. Während des Lebens scheint nun in
der That im Allgemeinen eine etwas grössere Menge von Flüssigkeit im Subduralraum vorhanden zu sein, als man nach
dem Tode dort findet. Hitzig — welcher durch eine nach Hunderten zählende Reihe von Vivisectionen an Hunden
so sicher als möglich von dem Vorhandensein einer nicht geringen Menge von Flüssigkeit im Sacke der Dura sich
überzeugt hatte und welcher ebenso bei Hunden fand, dass 24 Stunden nach dem Tode im Sacke der Dura wenigstens
an der Convexität auch nicht ein einziger Tropfen Flüssigkeit vorhanden war, während dabei auch »in den Maschenräumen
der Pia)) keine Flüssigkeit gefunden wurde und dies gleichzeitig dann, wo die Ventrikel des Gehirns stets
von Flüssigkeit erfüllt waren — sieht in diesen Umständen einen Beweis für die Herkunft der Cerebrospinalflüssigkeit
aus dem Sacke der Dura selbst, und er scheint sogar die Cerebrospinalflüssigkeit während des Lebens, wenn nicht
hauptsächlich, so doch zum grossen Theil, zu dem Subduralraum selbst verlegen zu wollen. Nach dem Tode verschwand
sie aus diesem Raum schon nach einigen Stunden, was durch Imbibition in die Hirnsubstanz selbst
stattfinden sollte, wodurch die letztere voluminöser und weicher würde. Zwar können wir uns nicht auf so sehr
viele Vivisectionen stützen, aber doch auf eine hinreichend grosse Anzahl Untersuchungen an lebenden Thieren,
sowohl Hunden als Kaninchen, welche theils der Subdural- und Subarachnoidalinjectionen wegen, theils mit besonderer
Rücksicht auf die vorliegende Frage ausgeführt sind. Wenn man über den convexen Theil des Gehirns an einem
lebenden Hund oder Kaninchen oder eben nach dem Tode des Thieres auf die oben angegebene Weise, ohne
also die Arachnoidea zu verletzen, eine kleine Oeffnung in der Dura macht, so sieht man in der That eine geringe
Menge von Flüssigkeit unmittelbar durch diese Oeffnung ausfliessen, und man kann dann, wie Hitzig angiebt, fortwährend
eine Flüssigkeit von den Seiten her hervorquellen sehen; wir finden aber dieselbe, besonders im Verhältniss
zu der Subarachnoidalflüssigkeit, nicht in erheblicher sondern in sehr geringer Menge hervortreten. Sie bildet augenscheinlich
nur eine sehr dünne Schicht zwischen Dura und Arachnoidea, Es versteht sich, dass, wenn man die Dura
entblösst, sie sich an der entblössten Stelle hervorwölben und die Flüssigkeit sich dort in etwas bedeutenderer
Menge ansammeln kann. Wenn ein etwas grösseres Blutgefäss in dem darunter befindlichen weichen Haut verläuft,
kann man daher ziemlich leicht sehen, dass die Dura an der entblössten Stelle, ehe sie eröffnet wird, etwas über
der Arachnoidea erhoben liegt; man muss aber immer bedenken, dass diese Erhebung, wie eben angegeben, grösser
als sonst ist; wenn überall eben so viel Flüssigkeit angesammelt wäre, so würde unwülkührlich eine grössere Menge
ausfliessen, als in der That geschieht. Ist es aber nun die eigentliche Cerebrospinalflüssigkeit, welche in so geringer
Menge hervorquillt? Keineswegs. Den Beweis dafür findet man leicht. Nachdem eine Oeffnung in der Dura
gemacht ist, sieht man, wie die Arachnoidea, wenn unbeschädigt, durch eine angesammelte Flüssigkeit in den Sub-
arachnoidalräumen selbst sich bauchig in die Oeffnung der Dura emporwölbt. Durch die Arachnoidea sickert dabei
keine Flüssigkeit heraus, ihre Oberfläche wird aber immer von den Rändern der Oeffnung hinaus durch die subdurale
Flüssigkeit feucht erhalten. In welcher verhältnissmässig geringen Menge die Flüssigkeit auch während
des Lebens im Subduralraum in der That vorhanden ist, davon überzeugt man sich ausserdem leicht am Rückenmark.
Wenn man nach Wegnehmen eines Verteberbogens bei einem lebenden Thier eine kleine Oeffnung durch die Dura
in den Subduralraum hinein macht, ist es oft schwierig zu finden, class eine Flüssigkeit dort hervorquillt, während
dagegen die Arachnoidea in Folge der Spannung des gefüllten, hier so weiten Subarachnoidalraumes sich in die
Oeffnung bauchig emporwölbt. Wird nun die Arachnoidea selbst geöffnet, strömt sogleich die Flüssigkeit heraus.

Key und Retzius. Studien in der Anatomie des Nervensystems.

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