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An solchen Präparaten sieht man nun, dass der Plexus lateralis nicht einfach, mit nach allen Seiten aus-
schiessenden Zotten versehen ist, sowie dass er nicht vom Rande der Fimbria frei im Ventrikel schwebt, sondern dass
er aus zwei Blättern, einem oberen und einem unteren, besteht (Taf. IV Fig. 3 u. 4). Die beiden Blätter vereinigen
sich mit einander, entweder dicht bei oder in ganz kurzer Entfernung von der Fimbria, zu einem gemeinsamen, sehr
schmalen Blatte oder Bande, welches am eigentlichen Rand der Fimbria sich befestigt. Die beiden Blätter ähneln
in ihrer Anordnung den Wänden eines auf der Seite liegenden Bootes, dessen Kiel dann den gemeinsamen Befestigungsrand
vorstellt. Noch besser wird vielleicht das Verhältniss in der Weise beschrieben, dass von dem
dünnen, zugeschärften Rande der Fimbria gleichsam eine unmittelbare Fortsetzung derselben, ein dünnes schmales
Gebräme, das wir die Wurzel (oder den Kiel) des Plexus nennen wollen, ausläuft; dies spaltet sich bald, oft dicht
bei seinem Ursprung, in zwei dünne Blätter, welche sich bogenförmig aus einander biegen (Fig. 3 u. 4 Taf. IV).
Das obere Blatt schlägt sich nach oben zum Dach des Ventrikels und folgt demselben bis zur Nähe des Seitenrandes
des Ventrikels selbst; es endigt dort mit einem im Allgemeinen freien Rande. In dieser Lage wird es dadurch
festgehalten, dass Blutgefässe vom Ventrikeldach hie und da in dasselbe übergehen; diese Blutgefässe begleitet
das Ependym, welches übrigens auch das Dach selbst bekleidet. Dieses Blatt ist mithin verhältnissmässig frei.
Die beiden Flächen des Blattes sind vom Epithel überzogen, welches eine Fortsetzung des Ependymepithels ist, und
von denselben schiessen nach beiden Seiten Zotten hinaus; in dem Rande des Blattes befindet sich die schlingen-
förmig verlaufende Vena chorioidea (Fig. 3 V.ch.) Mit dem Velum trianguläre steht es in keiner unmittelbaren Berührung.
In einem ganz anderen Verhältniss zum Velum trianguläre sowohl als zur Ventrikelwand steht das untere
Blatt. Wie die angeführten Figuren zeigen, spannt es sich von der gemeinsamen Wurzel am Rande der Fimbria
zum Boden des Ventrikels und geht hier in einiger Entfernung von dem zwischen das Corpus striatum und den
Thalamus opticus verlaufenden Grenzstrang, Stria terminalis, unmittelbar in das Ependyma des Thalamus opticus
über (Fig. 3 d). Oft sieht man hier, wie die Fig. 3 zeigt, eine kleine Verdickung des Ependyms an der Befestigung
dieses Blattes. Das Ependymepithel setzt sich natürlicherweise nur an der oberen Fläche dieses Blattes fort;
von dieser Fläche schiessen entweder direct oder auch mittelst eines mehr oder weniger membranösen Gerüstes
die in ihren verschiedenen, eigenthümlichen (hier nicht näher zu beschreibenden) Gestalten, kleinen gefalteten Blättern
u. s. w. ähnelnden Chorioidalzotten hinaus. An der Befestigung des unteren Blattes am Thalamus gehen gewöhnlich
lange Zotten aus, welche sich nach aussen wenden, so dass sie mit ihren Enden den äusseren Theil des Thalamus
bedecken und den Rand des Corpus striatum erreichen. Der Thalamus wird also fast vollständig von Chorioidalzotten
umhüllt. Das untere Blatt des Plexus geht nun mit ihrer unteren Fläche eine innige Verbindung mit dem Rande
des Velum trianguläre ein. Wie wir aus den beiden angeführten Figuren sehen, deckt dieses Blatt die zwischen
Fornix und Thalamus opticus befindliche Spalte, in welcher das Velum interpositum seine Lage hat, aber durch
den schiefen Verlauf des Chorioidalblattes wird die Spalte ausserhalb des Randes der Fimbria in der Art verlängert,
dass sie zwischen diesem Blatte und dem Thalamus opticus bis zu der Befestigung des ersteren an dem letzteren
sich fortsetzt (Fig. 3 und 4).
Das Velum trianguläre geht nun mit seinem Subarachnoidalgewebe und seinen Blutgefässen in dieser Spalte
bis zu der erwähnten Befestigungsstelle fort. Es sendet hierbei Gefässe zum Plexus und wird mit dem unteren
Blatte desselben so innig vereinigt, dass der Plexus, weil seine übrigen Verbindungen bei geringstem Zug äusserst
leicht bersten, immer mit dem Velum folgt. Bei Subarachnoidalinjectionen des Velum läuft die Flüssigkeit bis zur
BefestioTina-sstelle des unteren Chorioidalblattes am Thalamus, aber, wie erwähnt wurde, nie in die Zotten hinein;
die geschilderten Verhältnisse geben nun die Erklärung dieser Thatsache.
Aus dem Angeführten geht eben hervor, dass die Pia oder die Duplicatur dieser Haut, welche zusammen mit
den begleitenden Blutgefässen und dem Subarachnoidalgewebe das Velum trianguläre bildet, auch im vollständig
entwickelten Gehirn keineswegs in die Seitenventrikel eindringt, um dort die Plexus chorioidei zu bilden, sondern
dass das Velum jederseits vom Ventrikel mittelst des unteren Chorioidalblattes getrennt ist, mit dessen unteren,
Zotten und Epithel mangelnden Fläche es innig verwachsen ist. Das eigentliche Grundgewebe der Chorioidal-
plexus entspringt hauptsächlich aus der Fimbrie und befestigt sich mit seinem unteren Blatte auf dem Thalamus
an dessen Ependym in einiger Entfernung von der Stria terminalis. Was die mikroskopischen Verhältnisse
betrifft, haben wir dieselben keiner eingehenderen Untersuchung unterworfen und werden sie deswegen nicht
näher in Betracht nehmen; wir erwähnen deswegen nur, dass die eigentliche Hirnsubstanz im Allgemeinen im
Key und Retzius. Studien in der Anatomie des Nervensystems. 27
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