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arachnoidalräumen sowohl als von dem Subduralraum aus, eine so sehr wichtige Rolle zu spielen scheinen. Schon
bei sehr gelindem Druck fanden wir die Injectionsflüssigkeit auf diesem Weg in die venösen Sinus, in welche diese
Zotten einschiessen, hineinströmen. Auf diese Verhältnisse werden wir unten eingehender zurückkommen.
Ueber den offenen Zusammenhang der Hirnventrikel mit den Subarachnoidalräumen,
Historischer Rückblick.
Bei den älteren Verfassern, vor Haller, tritt nicht die Frage von einem offenen Zusammenhang zwischen den
Hirnventrikeln und den äusseren, das Gehirn umgebenden Räumen hervor. Eine Verbindung derselben mit den Subarachnoidalräumen
konnte natürlicherweise nicht vermuthet werden, da diese Räume noch unbekannt waren. In wieweit
die Ventrikel selbst unter sich zusammenhängen, war sogar ein Gegenstand verschiedener Meinungen. Eine offene
Verbindung zwischen den vorderen Ventrikeln (den Ventrikeln des Grosshirns) und dem hinteren Ventrikel (dem
Ventrikel des Kleinhirns), wurde doch schon von Galenus angenommen, ebenso wie von Vesalius und Willis; der
Letzterwähnte giebt die Lage des Verbindungscanais ganz genau an. Vieussens nahm doch auf seine Versuche
gestützt an, dass die Ventrikularflüssigkeil nicht nach unten von dem Aquaeductus Sylvii aus den Ventrikeln des
grossen Gehirns hinabsteigen könnte. Die »grosse Valveb), welche noch den Namen Vieussens' trägt, stellte nach
ihm ein Hinderniss für die freie Strömung zwischen dem dritten und dem vierten Ventrikel. Haller war der Meinung,
dass die Flüssigkeit des vierten Ventrikels schwerlich ganz und gar in den dritten Ventrikel und das Infundibulum
sich begeben möchte, »weil sie dann nach oben gegen ihre Schwere hinaufsteigen müsse». Betreffs des Zusammenhangs
der Seitenventrikel unter sich sowie mit dem dritten Ventrikel, findet man, dass das sog. Foramen Monroi,
schon lange Zeit vor Monro bekannt war. So wird es z. B. von Winslow unter der Benennung »Foramen commune
anterius» besprochen; ebenso war es Lieutaud gut bekannt und Haller erwähnt sogar, dass auch Vieussens,
Marchett und Varoli diese Verbindung angenommen hatten. Haller leugnet indessen selbst, dass der dritte
Ventrikel mit den Seitenventrikeln zusammenhängt, indem seiner Meinung nach der Plexus impositus die Begrenzung
des ersteren bilde. Man hat bisweilen Swedenborg die Ehre der Entdeckung des Foramen Monroi vindiciren wollen;
zwar äussert er in seinem Regnum animale T. I (1744—45), dass die Ventrikel des Gehirns mit einander durch kleine
Löcher communiciren, er liefert aber keine nähere Beschreibung dieser Verhältnisse; man findet mithin, dass die
fraglichen Oefihungen vor ihm viel besser angegeben waren. Sie wurden indessen zuerst durch Monro genauer
beschrieben und abgebildet, dessen Namen sie dann, obwohl nicht ganz richtig, erhalten haben.
Wie bekannt, war bei den Alten die Function und der Inhalt der Ventrikel ein Gegenstand vieler Vermuthungsn.
Auf ihre Hypothesen über dieselben als den Sitz der Seele oder der Spiritus animales gehen wir hier nur dann ein,
wenn etwaige Ansichten über wirkliche anatomische Verhältnisse damit verbunden sind. Diejenigen Verfasser, welche in
den Ventrikeln das Vorhandensein einer Flüssigkeit, Schleim oder Pituita, annahmen, betrachteten dieselbe im Allgemeinen
nur als ein Vehikel der Spiritus animales oder als ein Residuum, ein Excrementum, welches abgeführt oder gereinigt
werden musste. Sie nahmen gewöhnlich an, dass diese Purgation etwaiger Weise durch die Nase oder den Gaumen durch
Vermitteluno' der Glandula pituitaria oder durch Oefifnungen der Hirnhäute und des Schädels stattfände; die Membrana
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