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dem Kleinhirn liegenden Ventrikel abgrenzende Membran ist, welche bei der Ueberfüllung der Ventrikel berstet, wobei
die wässrige Flüssigkeit an der Basis des verlängerten Marks herabfällt, die Wurzeln der Nerven comprimirend und
convulsive Affectionen sowie starke Syncope verursachend. Er giebt an, dass er in Leichen dies oft beobachtet hat.
Es ist sehr möglich und sogar wahrscheinlich, dass Willis, als er in solchen Fällen nachgeforscht hat, wo die
von ihm vermuthete Berstung stattgefunden, dabei in der That das offene Foramen Magendii wahrgenommen hat.
Vieussens giebt den Sitz der Berstungen weniger bestimmt an, indem er annahm, dass sie theils an den Seiten-
theilen des Infundibulum, theils in der Pia am Anfang des Rückenmarks geschehen. Haller scheint wirklich das
Vorhandensein des Foramen Magendii gekannt zu haben. Er nahm, wi eben hervorgehoben wurde, an, dass die
Flüssigkeit des vierten Ventrikels schwerlich in den dritten hinaufsteigen könnte, einen Ablauf aber nach aussen habe;
bei Besprechung des Plexus chorioideus äussert er, dass »an dem Ort, wo er aus dem Ventrikel hervortritt, das Wasser
leicht in den herumliegenden Raum des Rückenmarks sich begiebt)). Dies passt ganz auf den Sitz des Foramen
Magendii. Haller nahm übrigens an, dass die Flüssigkeit der Ventrikel bis an die Lumbairegion, wo er häufig
Wasser angesammelt gefunden hatte, hinabsteigen könnte. Cotugno nahm auch offenbar das Vorhandensein einer
Oeffnung an der unteren Wand des vierten Ventrikels an, durch welche eben, wie angeführt ist, die Ventrikelflüssigkeit
sich mit der äusseren Cerebrospinalflüssigkeit mischen konnte. »Die lothrechte Lage des Kleinhirnventrikels», äussert
er, »und der hinreichend offene Weg aus demselben zur Rückenmarkhöhle machen dieses Herabfliessen der Flüssigkeit
zum Rückenmark offenbar». Monro sprach sich aber in dieser Hinsicht gegen Haller aus und meinte, dass der
vierte Ventrikel keine solche Verbindung mit der Rückenmarkshöhle hat, wie Haller geglaubt hatte, indem er durch
seinen Plexus chorioideus und die Pia mater vollständig geschlossen ist. Wirkliche Beiträge zu dieser wichtigen
Frao-e findet man dann nicht vor Magendie. Sommerung sucht noch in der Ventrikularflüssigkeit, welche bei krank-
haften Zuständen sehr vermehrt wird, den eigentlichen Sitz des gemeinsamen Sensoriums. Die Annahme Biciiats,
dass die Ventrikel in Verbindung mit dem Subduralraum stehen und die wechselnden Ansichten darüber sind schon
oben ausführlich besprochen worden.

Magendie, dessen grosse Verdienste betreffs der hierzu gehörenden Fragen wir oben an verschiedenen Stellen
hervorgehoben haben, wurde auch der eigentliche Entdecker eines offenen Zusammenhangs der Ventrikel mit den
Subarachnoidalräumen, obwohl, wie eben von uns dargethan ist, die von Magendie beschriebene Oeffnung in der
unteren Wand des vierten Ventrikels an der Stelle, wo der Plexus chorioideus heraustritt, nämlich am Ende des
Galamus scriptorius, schon Haller bekannt war. Magendie beschrieb ausführlich diese Oeffnung und nahm an, dass
durch dieselbe ein beständiges Ein- und Ausfliessen der Cerebrospinalflüssigkeit zu und aus den Ventrikeln stattfinde;
er nannte sie »die Mündung der Gehirnhöhlen» (Orifice des cavites eneephaliques). Durch directe Experimente suchte
er auch ihre natürliche Existenz darzulegen.

Wenn die Lehre Magendies von der Cerebrospinalflüssigkeit und dem Platz derselben nur langsam zur Geltung
gelangen vermöchte, so war dies aber noch mehr der Fall betreffs seiner Schilderung von der fraglichen Oeffnung.
Zwar schlössen sich Ecker und Cruveiliiier ihm vollständig an, und Luschka beschrieb ausführlich mit Abbildung
diese Oeffnung in hauptsächlicher Uebereinstimmung mit Magendie, zu dessen Ehre er sie »Foramen Magendii» nannte;
auch Stilling stellte sich ganz auf diese Seite. Diese Verfasser vermochten aber doch nicht ihre Ansichten zur
Geltung zu bringen, wenn man auch in dem einen oder anderen Handbuch Angaben über das wirkliche Vorhandensein
der betreff. Oeffnung findet. C. Krause nahm den vierten Ventrikel als hinten durch die Pia geschlossen an, und Reichert
behauptete auf das bestimmteste, dass die fragliche Oeffnung ganz und gar ein Kunstproduct sei, dessen Entstehung
durch Zerreissung beim Herausnehmen des Gehirns in der üblichen Weise er zu erklären suchte. Als nun aber auch
Kölliker behauptete, dass die Oeffnung nicht natürlich sei, trug er gewiss wesentlich dazu bei, diese Auffassung zu
verbreiten. In der letzten Zeit hat indessen Henle in seinem Handbuch der System. Anatomie die fragliche Oeffnung
in hauptsächlicher Uebereinstimmung mit Magendie, Luschka und Stilling kurz beschrieben und abgebildet; da er
sich aber nicht auf Injectionen stützt, so können gegen seine Darstellung dieselben Argumente hervorgehoben werden.
Dass das Foramen Magendii in der That kein durch Zerreissung und Berstung entstandenes Kunstproduct, wie Reichert
annahm, ist, legten wir dann durch Injectionen von den. Subarachnoidalräumen sowohl als von den Ventrikeln aus dar,
und dies eben mit erstarrenden Flüssigkeiten, welche vollständige Abgüsse der Oeffnung und der umgebenden Räume
lieferten. Wir fanden aber zugleich, dass das Foramen Magendii nicht die einzige Oeffnung ist, durch welche der
vierte Ventrikel mit den Subarachnoidalräumen in offener Verbindung steht, sondern dass noch zwei laterale Oeffnungen,
Key und Retziüs. Studien in der Anatomie des Nervensystems. 29


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