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erläuternde Präparate; sie zeigen ausserdem, wie leicht eine trägflüssige, fast in Erstarrung begriffene Masse auch bei
offenem Foramen Magendii durch die Seitenöffnungen von innen her austritt. Wie das Foramen Magendii, können auch
diese oder jene Seitenöffnung oder sogar beide verschlossen sein. Dies wurde schon von Luschka beobachtet. »Nur
ausnahmsweise)), sagt er, »und wie es scheint als krankhaftes Vorkommniss ist über den seitlichen Theil des Adergeflechtes
und über die dem äussern AVinkel entsprechende Oeffnung ein Häutchen hinweggespannt, welches jenen
abkapselt und diese verschliesst». Er erkannte das Häutchen als eine dicke, gelbliche, zähe, aus Zellstoff gebildete
Lamelle, welche ihm als erkrankte, faltenartige Verlängerung der die Oberfläche der Flocke überziehenden Gefässhaut
erschien. Wie oben erwähnt wurde, haben wir einmal einen ähnlichen Verschluss an einer Seite gefunden; dieser
hing aber nicht von etwaiger krankhaften Neubildung ab, sondern er war offenbar eine Fortsetzung der dünnen Wand
selbst, welche sich über das Ende des Plexus ausbreitete und in dessen Umgebung am Flocculus sich befestigte.
Dies Verhältniss schien uns deswegen ebenso zu sein wie an dem von uns gesehenen Verschluss des Foramen
Magendii, nämlich class es aller Wahrscheinlichkeit nach ein Fortbestehen des embryonalen Zustandes war, während
dessen, so weit man bis jetzt schliessen kann, auch die Seitenöffnungen des vierten Ventrikels verschlossen sind.
Dass diese Oeffnungen möglicherweise auch durch etwaigen pathologischen Process verschlossen werden können, wollen
wir nicht mit Bestimmtheit leugnen, halten es doch für weniger wahrscheinlich. Von Interesse ist ein von Vircitow
erwähnter Fall (Die krankhaften Geschwülste Bd I), über welchen er eine Abbildung geliefert hat. Viechow führt
ihn als Beispiel einer partiellen cystaälmlichen Erweiterung des vierten Ventrikels, ein H}^droccle ventriculi, an. »In
der Tiefe des Sackes sieht man noch Reste des Plexus choroides quartus. Zugleich bestand eine Hypoplasie des
Pons Varolii und der Kleinhirnhemisphäre auf der linken Seite». Wie aus seiner Figur hervorgeht, entspricht die
cystaähnliche Erweiterung ihrer Lage nach vollkommen der oben beschriebenen Oeffnung des Recessus lateralis, und
es ist möglich, dass diese Oeffnung oder die zunächst umgebende Partie des Subarachnoidalraumes durch den hyperplastischen
Process auf diese oder jene Weise abgesperrt worden ist, so dass das vom Ventrikel her andringende
Wasser hier keinen weiteren Ablauf finden konnte; oder, .was noch wahrscheinlicher ist, hier liegt ein ursprünglicher
Verschluss oben angeführter Art vor, und die blasenförmige Erweiterung ist secundär.
Beim Pferde, wo, wie oben beschrieben wurde, die Apcrtura inferior (Foramen Magendii) geschlossen ist, sind
die beiden Seiten Öffnungen um so viel mehr entwickelt. Wenn man die Arachnoidea an der betreffenden Stelle auf-
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schneidet (Taf. IV Fig. 8), sieht man anfangs nicht diese Oeffnungen. Sie werden nämlich ganz und gar durch
die frei in den Subarachnoidalraum (Cisterna magna cerebello-medullaris) ausschiessenden, sehr voluminösen Enden
der Plexus'chorioidei verborgen. Diese letzteren sitzen (Fig. 7, rechts) jederseits als ein sträubiger, dem Ansehen nach
zusammenhängender Büschel, w-elcher mehr als 20 Mm. in Längenausdehnung misst. Wenn man indessen den Plexus
etwas näher untersucht, findet man leicht, dass er eigentlich eine halbmondförmige Anordnung hat und grössten-
theils die sehr grosse Apertura lateralis umkreist. Wenn man die Zotten des Plexus rings um die Oeffnung aus
einander biegt, erhält man sogleich einen Einblick in sie hinein sowie durch dieselbe in den Seitentheil des vierten
Ventrikels, wie die eben angeführte Figur zeigt. Die eigentliche Oeffnung besitzt eine Länge von ungefähr 15 Mm.
und, wenn sie etwTas ausgespannt wird, eine Breite von 5 bis 6 Mm. Der Plexus schiesst überall vom Rande selbst
hinaus und ist an ihm befestigt, nur nicht vorn und oben, wo der Rand vollkommen glatt, eben und scharf, sowie
im Allgemeinen halbmond- oder sensenförmig ausgeschweift ist. Es ist klar, dass es eben der oberste Theil der
unteren Wand des vierten Ventrikels ist, welcher diesen freien Theil sowohl als die zottentragenden Theile des
Oeffnungsrandes bildet. Hinten und oben scheinen die Zotten gleichsam von der Hirnoberfläche selbst hinauszuschiessen.
Die beschriebene Anordnung der Seitenöffnungen und der sie umgebenden Zotten muss der Ventrikelflüssigkeit
eine besonders leichte Passage von innen nach aussen gestatten, wogegen eine Strömung von aussen nach innen
grössere Schwierigkeiten begegnen mag, da, wie es scheint, die Zotten dabei mehr oder weniger in der eigentlichen
Mündung zusammengedrückt werden müssen. Dass die geschilderten Oeffnungen in die Cisterna magna ausmünden,
sieht man an der Fig. 7, wo die Grenze dieser Cisterne am Kleinhirn deutlich hervortritt.
Die grosse Bedeutung der geschilderten Oeffnungen, wTelche den Ventrikel in vollem offenen Zusammenhang
mit den Subarachnoidalräumen setzen, ist klar und deutlich. Alle gehören sie dem vierten Ventrikel an, welcher
mithin die erwähnte Verbindung auch für die übrigen Ventrikel vermittelt; alle führen sie zu der grossen Sub-
arachnoidalcisterne, Cisterna magna cerebello-medullaris, welche einerseits in die Subarachnoidalspatien des Rückenmarks
unmittelbar sich fortsetzt, andererseits mit den übrigen grossen Cisternen an der Hirnbasis, und mittelst dieser
auch mit sämmtlichen Subarachnoidalräumen der Hirnobcrflächc zusammenhängt; alle drei Oeffnungen des vierten
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