http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/key1875-1/0209
193
arachnoidalraum des Opticus getreten; da wir aber keine Löcher in der Arachnoidalscheide gefunden haben, dürfte
dabei der Flüssigkeitsdruck vom Subduralraum aus zu stark gewesen sein, wodurch etwaige feine Berstungen der Arachnoidalscheide
, und dies eben am Ansatz der Balken, entstanden sein möchten. Wir glauben deswegen mit Bestimmtheit
annehmen zu können, dass beim Menschen in normalen Fällen die beiden Räume, am Opticus ganz wie am
Rückenmark und Gehirn, nicht in offener Verbindung mit einander stehen, sondern auch hier durch die Arachnoidea
abgetrennt sind. Durch die Duralseheide des Opticus war beim Menschen in unseren zahlreichen Injectionen von
den Subdural- und Subarachnoidalräumen des Gehirns und Rückenmarks aus die Flüssigkeit nie ausgedrungen.
Bei Hunden und Kaninchen fand sie sich in solchen Injectionen nicht selten auch ausserhalb der Duralscheide in
dem von Schwalbe sog. supravaginalen (epiduralen) Raum; auf welchen Wegen sie dahin gelangt war, konnten wir
gewöhnlich nicht mit Sicherheit erörtern; es schien uns indessen oft, als ob sie schon beim Austritt des Opticus
aus dem Knochencanal in den supravaginalen Raum eingetreten war. Von diesem Raum aus war sie oft in den
Tcnonschen Raum Schwalbes eingetreten und hatte sich dort verschieden weit ausgebreitet; gewöhnlich umfasstc
sie nur eine Seite des Bulbus, war aber hier in der Regel bis zur Ansatzstelle der geraden Muskeln vorgedrungen.
Bei Kaninchen war die Flüssigkeit, zuweilen durch die Sclera am Opticuseintritt zwischen den suprachorioidalen
Lamellen angelangt. Beim Menschen kam in diesen Injectionen bei gelindem, constantem Drucke letzteres nie vor.
Wenn wir bei demselben Individuum — Menschen sowohl als Hunde — eine Doppelinjection mit verschieden
gefärbten Flüssigkeiten von den Subdural- und Subarachnoidalräumen des Rückenmarks aus gleichzeitig ausführten,
füllten sich von jedem Räume aus die entsprechenden Scheidenräume der beiden Optici, und zwischen den beiden t
Injectionsmassen, dieselben von einander trennend, befand sich die dünne Arachnoidalscheide. Nur sehr selten
— wie es schien, durch Berstung in Folge zu starken Druckes — war eine Mischung der beiden Massen, und dann
zwar im
Subarachnoidalraume, entstanden.
Bei directen Injectionen in die beiden Scheidenräume, jede für sich — sei es, dass der Opticus in seiner natürlichen
Las-e in der Orbita sich befand oder zusammen mit dem Bulbus vorher ausgenommen und hinten mit einem
Faden umwunden wurde — füllten sich dieselben wie bei den Injectionen von den entsprechenden Räumen der
Centraiorgane aus. Wenn dabei ein mässiger, constanter Druck angewandt wurde, erhielten wir beim Menschen keine
andere Resultate als bei jenen Injectionen. Wenn bei der Injection die Handspritze gebraucht wurde, bekamen wir
beim Menschen und bei mässigem Druck mit der Richardsonschen Flüssigkeit auch übereinstimmende Resultate.
Wenn aber der Druck sehr stark erhöht wurde, sahen wir die Flüssigkeit vom Subduralraum des Opticus aus zuletzt
durch das Gewebe der Duralscheide treten; bei näherer Untersuchung fanden wir, dass sie zwischen den Lamellen
und Bündeln derselben sich mehr oder weniger ausgebreitet hatte.. Wenn wir aber statt der Richardsonschen Flüssigkeit
eine leichtflüssigere Masse, besonders die schöne Asphalt-Chloroformmasse von Ludwig, anwandten, drang die
Injection schon bei nicht allzustarkem Druck durch die Duralscheide nach aussen; dabei füllte sich ein reichliches
Saftcanalsystem in derselben. Der letzteren Thatsache wegen wollen wir deswegen nicht verneinen, dass beim
Menschen ein Abfluss nach aussen vom Subduralraum des Opticus aus vorhanden sei, obwohl der bei der Injection
anzuwendende, nicht geringe Druck und besonders die negativen Resultate bei den Injectionen vom Subduralraum
der Centraiorgane aus nach unserer Ansicht keine ganz sichere Schlüsse in dieser Hinsicht erlauben.
Bei Thieren mit dünneren Duralscheiden, Hund, Schaf, Kaninchen, gelingt es nun viel leichter, die Flüssigkeit
bei der Stichinjection im Subduralraum des Opticus durch diese Scheide ausfliessen zu lassen. Bald erhielten wir
Fülluno* einzelner Bahnen in dem Gewebe derselben, die sich bisweilen trichterförmig nach dem Subduralraum hin
öffneten, bald aber auch reichlichere Netze spaltenförmiger Gänge.
Nach innen zu drang bei unseren Injectionen, den directen sowohl als denen von den Centraiorganen her,,
T
die Flüssigkeit vom Subarachnoidalraum des Opticus aus nie durch die Piaischeide ins Innere des Nerven hinein.
Nie war sie hierbei in die Lamina cribrosa im Sinne Schmidts eingetreten.
Key und Retzius. Studien in der Anatomie des Nervensystems.
4<)
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/key1875-1/0209