http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/key1875-1/0213
197
Spaltung der Bündel einen grösseren Raum ein. Aber in dem Masse, wie die Bündel feiner werden, nehmen die
Zwischenräume auch absolut an Breite zu und werden eingenommen von zierlich netzförmig verflochtenen Binde-
gewebsbündeln, deren Maschen in einer auf die Axe der Nerven senkrechten Richtung verlängert sind. Ein Theil
dieser Bündel schliesst Capillargefässe ein; häufig folgen ihnen Reihen von gestreckten Zellenkernen, und von der
Chorioidea aus zieht sich sternförmiges Pigment längs der inneren Nervenscheide herab und zuweilen auch zwischen
die Nervenbündel.
His welcher in Zusammenhang mit seinen Untersuchungen über die Lymphbahnen der nervösen Centraiorgane
die Lymphgefässe der Retina zu finden suchte, gelang es durch Injectionen der Blutgefässe dieser Bildung
unter einem grössern Druck und dadurch hervorgebrachte Berstungen dieser Gefässe »ein äusserst elegantes Röhrensystem
)) zu füllen, welches zu dem System der Blutgefässe sich genau so verhielt, wie das der Hirnlymphgefässe zu
den Hirnblutgefässen, d. h. es umgab allenthalben jenes in Form von Mantelröhren. An Silberpräparaten überzeugte
er sich auch leicht vom Vorhandensein »eines äusseren Epithels)) an den Blutgefässen. Dieses von demselben begrenzte
perivasculäre Röhrensystem gelangt in den inneren Retinaschichten zur Eintrittsstelle des N. opticus und sendet in
diesen ihre Sammelstämme. Die Abflusscanäle konnte er doch nicht mit Sicherheit finden. An der Lamina cribrosa
müssen sie nach ihm sehr eng sein; »dagegen zeigt der äussere Theil des N. opticus wieder ein reiches Netz von
Lymphgefässen, die indess hier nicht mehr perivasculär verlaufen, sondern mehr oder weniger unabhängig von den
Blutgefässen; besonders reichlich sind sie in der innern Opticusscheide, in der sie auch leicht injicirt werden können.
Für jetzt glaube ich diese im Opticus befindlichen Lymphkanäle als die Abzugswege der Retinalymphe ansehen
zu müssen)).
Nach Leber 2) sind die Nervenbündel des Sehnerven, welche am Querschnitt eine unregelmässige, rundliche
oder polygonale Gestalt zeigen, von einander getrennt durch ein Netz von Bindegewebsbalken, die theils longitudinal
zwischen den Bündeln verlaufen, theils zahlreiche und schräge Anastomosen zwischen ersteren bilden. Die stärkeren
Nervenbündel werden durch feinere Balken in dünnere secundäre getheilt. Das Netz der Bindegewebsbalken ist
der Träger der den Sehnerven versorgenden Gefässe; diese gefässtragenden Balken bestehen aus lockigem Bindegewebe
, das die im Inneren verlaufenden Gefässe umhüllt und eine kleine Anzahl stark in die Länge gezogener
Kerne umschliesst. Die Balken isoliren sich ziemlich leicht von den Nervenbündeln und zeigen dann ziemlich glatte
Ränder, woraus hervorgeht, dass sie nicht etwa direct ins Innere der Nervenbündel zahlreiche Fortsätze abgeben.
»Trotzdem sind die Nervenbündel von einem zarten bindegewebigen Netzwerk durchzogen, das als die Neuroglia
des Sehnerven anzusehen ist und jedenfalls zum grössten Theil aus den Ausläufern sternförmiger Zellen besteht,
welche theils am Rande der Bündel, theils innerhalb derselben ihre Lage haben)). An Längsschnitten sieht man
nämlich »ein zartes Netz von meist quer gerichteten Maschen, das deutlich zusammenhängt mit sternförmigen Zellen,
die theils im Innern der Bündel ihre Lage haben, theils aber und hauptsächlich am Rande der Bündel zwischen
ihnen und den Bindegewebsbalken angelagert sind». Man erkennt an Carminpräparaten, »dass es sich nicht um freie
Kerne, sondern um sternförmige Bindegewebskörperchen mit Ausläufern handelt; dieselben lassen sich aber auch
durch Zerzupfen vollständig isolirt darstellen. Diese Zellen sind namentlich in der Nähe des Auges zwischen den
Bündeln in deutliche Längsreihen angelagert, in denen sie dicht gedrängt neben einander liegen. An Querschnitten
sieht man, dass nur die feineren zwischen den Balken verlaufenden Bälkchen Bindegewebszüge in's Innere derselben
absenden, die in das eben beschriebene Netzwerk übergehen, während die Ränder der gröberen Balken, wie schon
erwähnt, ganz glatt sind und nicht in directem Zusammenhang mit diesem Netzwerk stehen». »An der Lamina
cribrosa, wo die längsverlaufenden Balken von einem sehr reichen Netz von feineren, quer verlaufenden Bindegewebs-
zügen durchkreuzt und durchflochten werden, nehmen auch die Gefässe einen ganz entsprechenden Verlauf und
zeigen sehr dichte, in der Querrichtung verlängerte Maschen». Betreffs der markhaltigen Nervenfasern des Opticus
schien Leber die Existenz einer zarten isolirbaren Scheide nicht zweifelhaft.
Nach Wolfring 3) erblickt man an Schnitten durch die Lamina cribrosa des menschlichen Opticus, die mit Carmin
gefärbt sind, »an Stelle des die Nervenbündel durchflechtenden Bindegewebes eine ungemeine Zahl ganz in derselben
Weise wie letzteres angeordneter und intensiv gefärbter lymphoider Körperchen. Dieselben finden sich aber nicht
*) Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel. Theil 4. 1866.
2) Archiv f. Ophthalmologie. Bd 14. 1868.
3) Archiv f. Ophthalmologie. Bd. 18. Abtheil. II. 1872.
Key und Retziüs. Studien in der Anatomie, des Nervensystems. ■ 50
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/key1875-1/0213