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In seiner Anatomie des Menschen betont Luschka l) wieder, dass alle drei Hirnhäute, Dura, Pia und Arachnoidea,
den Anfang zur Bildung des Neurilems der austretenden Nerven darstellen. Von der Arachnoidea schlägt sich
nämlich nach ihm nur die oberflächliche, feinfaserige Lage auf die Innenfläche der Dura um.
In unseren ersten Mittheilungen über die Injectionen vom Subduralraum und von den Subarachnoidalräumen
aus erwähnten wir2), dass wir von diesen beiden Räumen die vom Gehirn und Rückenmark abgehenden, peripherischen
Nerven durch die Nervenwurzeln und Ganglien hindurch injicirt erhielten.
Das Verhalten der Rückenmarkshäute zu den Nervenwurzeln schilderten wir zwei Jahre später3) folgen der-
massen: Wenn man die Häute untersucht, findet man, dass sie Umhüllungen und verbindende Balken an den einzelnen
Nervenbündeln bilden, welche letztere mehr und mehr vereinigt werden, um endlich die resp. austretenden Nerven
zu formiren; diese sind aber vor ihrem Austritt aus dem Canal der Rückenmarkshäute oft auf einer längeren oder
kürzeren Strecke durch cribrirte Subarachnoidalhäutchen oder strafferes Balkenwerk der Innenseite der Arachnoidea
angeheftet. Am eigentlichen Austritt der Nerven findet man nun, dass die Dura eine Scheide mit jedem Nerven
absendet, welche dann denselben röhrenförmig umgiebt. Wenn wir in unserer Beschreibung uns hier nur an den
Menschen halten, so finden wir, das Verhalten der vorderen und hinteren Wurzel zu einander beim Austritt betreffend,
dass einige Variationen hier vorkommen. Entweder gehen die beiden Nervenwurzeln nahe an einander, aber anfangs
getrennt, aus, und jede hat dann in der Nähe ihres Austrittes ihre eigene Duralscheide, bald aber schmelzen diese
Scheiden zusammen, obwohl mit Beibehaltung einer Scheidewand zwischen den Wurzeln; oder sie laufen dicht bei
einander, wie es scheint in Gesellschaft, aus, von einander aber doch durch eine durale Zwischenwand getrennt;
oder auch gehen sie dagegen anfangs wirklich ohne Scheidewand, aber früher oder später entsteht dann eine
solche durch Hineinschiebung von der Duralscheide aus. Weiter hinaus, dem Ganglion näher, entstehen immer
mehr solche durale Scheidewände zwischen den Nervenbündeln und das Verhältniss wird dann verwickelter.
In diesen duralen Scheidewänden tritt in grösserer oder geringerer Menge Fett auf, und oft findet man es in
den Nervenwurzeln in sehr grosser Menge, immer aber in den Scheidewänden, welche durch Einschiebung von
der Dura aus gebildet sind. Wenden wir uns jetzt zum Verhalten der Arachnoidea und des Subarachnoidal-
gewebes zu den abgehenden Nerven, so sehen wir, wie die Subarachnoidalinjection um die Bündel in die Nervenwurzeln
fortläuft. Die Injectionsmasse umspült die Bündel der Nervenwurzeln, geht mit der motorischen Wurzel
am ganzen Ganglion vorbei und folgt mit der sensorischen in das Ganglion selbst hinein, in diesem sich ausbreitend
und an einigen Stellen auch durch das ganze Ganglion sich fortsetzend. Wenn man mikroskopisch untersucht
, wo hier die Injectionsmasse sich befindet, so sieht man, dass sie in Räumen um und zwischen den Nervenbündeln
liegt, nach aussen gegen die Dura von einem oder mehreren der Arachnoidea ganz ähnlichen Häutchen,
und im übrigen von einem dem subarachnoidalen ganz ähnlichen, mit Häutchen und Balken versehenen Gewebe
begrenzt. Eine Untersuchung an der Austrittsstelle selbst zeigt uns auch, dass die Arachnoidea mit ihrem Sub-
arachnoidalgewebe direct innerhalb der Duralscheide der Nervenwurzel fortgeht; dann folgt sie dem Nerven innerhalb
dieser Scheide und der oben genannten duralen Scheidewände bis zum Ganglion hinaus. An der Austrittsstelle
bildet indessen die Arachnoidea zahlreiche Verbindungen mit der Dura, und auch längs den Scheiden der Wurzeln
ist ein reichliches Verwachsen durch Austausch von Balken in der oben geschilderten Weise vorhanden. Zwischen
der Duralscheide und dem äussersten Blatte der Arachnoidalbekleidung, der directen Fortsetzung der Arachnoidea
spinalis, geht ein Raum, welcher, wie der Subduralraum des Gehirns und Rückenmarks, gewöhnlich nicht als solcher
erscheint, weil die Arachnoidea dicht der Duralscheide anliegt; dieser Raum ist eine directe Fortsetzung des Sub-
duralraumes des Rückenmarks; aber die Verbindungen zwischen der Dura und der Arachnoidea sind, wie oben erwähnt
, weit reichlicher in den Nervenwurzeln als im Allgemeinen um das Rückenmark. Wenn man eine subdurale
Injection macht, so geht die Injectionsmasse auch in den Subduralraum der Nervenwurzeln fort und folgt den duralen
Scheidewänden der Nervenbündel bis zu den Ganglien, ja sogar in dieselben hinein und an ihnen vorbei in die peripherischen
Nerven hinaus. Wenn man aber eine Doppelinjection macht, so findet man, wenn die Injection gelingt
und hinreichend vordringt, die Injectionsflüssigkeiten getrennt, die eine im Subduralraum und die andere in den
Scheidenräumen, welche wir als Fortsetzung der Subarachnoidalräume geschildert haben; zwischen beiden läuft
die äusserste Arachnoidallamelle.
1) Die Anatomie des Menschen. Bd III, 2. Tübingen 1867.
2) Nordiskt Mcdicinskt Arkiv. Bd II. N:r ß und 13. 1870.
;{) Nordiskt Mcdicinskt Arkiv. Bd IV. N:r 21 und 25. 1872. (August).
— Übers, in Max Schultzes Archiv. Bd.lX , 1873.
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